Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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woselbst man ihn zunächst in der Hofküche beschäftigte. Der Hof— 
koch war dem alles neugierig beschnüffelnden Lümmel nicht sonderlich 
gewogen. Als er einmal gerade Audeln schnitt und Krabat dem 
schon Argerlichen ungelegen in die Quere kam, regnete es Ohrfeigen. 
Dafür aber rächte sich der junge Wendensohn. Aachdem die Speisen 
aufgetragen worden waren, bemerkten die allerhöchsten Herrschaften 
mit Schaudern, daß sich die Audeln in — lebende Regenwürmer 
verwandelt hatten und die gebratenen Hühnchen als muntere Frösche 
aus den Schüsseln heraushüpften. Der gebrandmarkte Koch fiel in 
höchste Ungnade. Er sollte entlassen werden. Weil er aber seine 
Unschuld hoch und heilig beteuerte, erriet der König alsbald den 
wahren Anstifter des Schabernacks. Zur Strafe dafür wurde Krabat 
aus der Hosküche entfernt. 
Er suchte wiederum das Elternhaus auf und reifte dort zu 
einem hübschen jungen Mann heran. Da erschienen nach der Sitte 
damaliger Zeit unversehens bei Nacht die sächsischen Soldatenwerber. 
Sie umzingelten das Dörfschen und schleppten die tauglichen Burschen 
mit Gewalt hinweg zum Heeresdienste. Auch Krabat traf dieses 
Schichsal. Alan reihte ihn in ein Dresdnisches Fußregiment ein. 
Mittlerweile war der Türkenkrieg ausgebrochen, und wir finden 
Krabat als Musketier mitten in jenem Feldzuge. Dort geschah es, 
daß der König von den Türken gefangen genommen und in einem 
Karree scharf bewacht wurde. Die Generäle der Kaiserlichen und 
Sachsen standen tiefbewegt beieinander und beratschlagten, wie sie 
ihren Kriegsherrn befreien könnten. Da trat Krabat vor, meldete 
sich bei den Befehlshabern und sagte, ihre Verlegenheit wäre ihm 
bekannt. ANiemand als er sei imstande, den Herrscher lebend 
zurüchzubringen. Nach einem ungläubigen Achselzucken ließ man 
ihn gewähren. Er rief: „Gebt mir ein gesatteltes Pferd, aber 
schnell, denn es ist nur noch eine Stunde Zeit!“ Der Gaul wird 
gebracht. Krabat reitet erst eine Strecke geradeaus, dann schwingt 
er sich in die Lüfte, daß er schließlich nur noch als kleiner Punkt 
zu sehen ist. In dem ziemlich weit entfernten Lager der Türken 
angelangt, blieb er allen außer dem Könige unsichtbar. Letzterer 
erkannte in dem Infanteristen im langschößigen Frach und mit 
langer Muskete sofort seinen Soldaten und ehemaligen Schützling. 
„Wo kommst du her?“" fragte er. „Euch zu retten, Majestät! 
Schnell haltet Euch an meine Frachschöße und seid unbesorgt, was
	        
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