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721. Eine Beerensucherin wird festgebannt.
Mündlich.
Um 1865 gingen mehrere junge Mädchen in die Himbeeren
auf den Falkenstein bei Postelwitz und als die eine (die Tante
meiner Erzählerin) ihren Korb gefüllt hatte, „gähnte"“ der Stein auf
wie eine Türe, und da trat eine weibliche Gestalt zu ihr, die hatte
Pferdefüße. Damit trat sie dem Mlädchen auf den Fuß, so daß
dieses sich nicht rühren, noch ein Wort reden konnte. Die anderen
MAiädchen haben sie „geruft“, aber sie konnte nicht antworten. Ihre
Eltern zogen sie endlich mit einem Striche auf den Felsen herauf.
Sie erzählte später, daß die Gestalt einen silbernen Krug in der
Hand gehabt habee.
722. Förster und Schäfer verhexen sich.
Meiche, Sagenb. d. Sächs. Schweiz, Ar. 37.
Das älteste Haus in Sebnitz soll ein Forsthaus gewesen sein.
In jenen alten Zeiten wohnte außer dem Förster nur noch ein
Schäfer in der hiesigen Gegend. Der begehrte des Försters Tochter
zum Weibe; als ihm diese aber verweigert wurde, da rächte er sich
mit der „schwarzen Kunst“ an dem Förster. Der konnte plötzlich
keinen Bissen mehr essen und litt gräßlichen Hunger. Aber auch
der Förster war ein „#luger Alann" und merkte bald, wer es ihm
angetan. Deshalb trug er seinem Weibe auf, nach Pillnitz zu gehen.
Dort würde sie auf einer Elbinsel einen Topf hinter einem großen
Tore finden. Den solle sie noch vor Sonnenuntergang heimbringen
und ihm darin aus neunerlei Kräutern ein Essen kochen. Als die
Frau wirklich zur rechten Zeit mit dem Topfe heimkehrte, ließ sich
der Mann die erwähnte Suppe prächtig schmechen. Andern Tags
aber ging er aus und fand den Schäfer am Boden liegen. Dieser
schrie vor Durst, konnte aber keinen Tropfen trinken. Als der
Schäfer nun des Försters ansichtig wurde, merkte er, daß jener der
Stärkere sei, und bat ihn flehentlich um Verzeihung. Der Zauber
wurde auch von ihm genommen, und beide versöhnten sich.