Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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723. Ein Bursche „macht fest“ und wird dafür bestraft. 
Dr. Dunger in „Uber Berg und Tal“, 2. Jahrg., S. 131. 
In der Nähe von Stolpen sitzen einst junge Burschen und 
Mädchen in der Dorsschenke beisammen. Darunter ist auch ein 
junger Mann, der die Gabe besitzt, „festzumachen“", d. h. in dieser 
Gegend „bannen“. Als ein Bauer mit seinem Wagen vorüber- 
fährt, fordern die Mädchen diesen Burschen auf, seine Kunst zu 
zeigen. Er sträubt sich anfangs, läßt sich aber doch zureden und 
macht ein paar geheimnisvolle Zeichen; — und richtig, der Bauer 
sitzt fest mit seinem Wagen und Rann weder vorwärts noch rüchwärts 
zum Ergötzen der staunenden jungen Leute. Der Bauer bittet, ihn 
loszumachen, er stößt Drohungen aus, — umsonst; da nimmt er ein 
Beil und haut mit voller Wucht vorn auf die Deichsel; plötzlich ziehen 
die Pferde an, der Wagen ist wieder flott, — aber der Bursche wurde 
in dem Augenblick, wo jener auf die Deichsel hieb, krumm und hat 
sein Leben lang ein krummes Büchgrat behalten. 
724. Die Schlangen im Schloß zu Groß-Harthau. 
Mitgeteilt von Kantor B. Störzner, Arnsdorf. 
Bis vor wenigen Jahren bildeten seit Menschengedenken un- 
heimliche Schlangen im Schlosse zu Harthau eine große Plage. Sie 
ließen sich dort in sämtlichen Räumen sehen, vor allen in den Wirt- 
schaftsgebäuden. Da belästigten sie das Gesinde beim Füttern des 
Biehes, beim Streuen und beim Stallreinigen. Die Schlangen 
nahmen ihren Aufenthalt in den Trögen, im Dünger, im Heu 
und Stroh. 
Selbst in den Betten des Gesindes hielten sie sich auf. Furcht 
und Entsetzen ergriff die Knechte und Mägde. Sie wechselten darum 
häufig den Dienst, und jedes war von Herzen froh, wenn es wieder 
gehen konnte. ANoch heute leben in Harthau und in den um- 
liegenden Dörfern Personen, die einst im Rittergute zu Harthau 
gedient haben und unter der Schlangenplage viel zu leiden hatten. 
Sie können nicht genug erzählen von jenen unheimlichen Geschöpfen.
	        
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