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729. Der Ameisenberg.
Gräße, Bd. II, Ar. 835; Gräve, Volkss. d. Laus., S. 189 ff.;
Haupt, Bd. I, Ar. 93.
In dem nach dem Oybin führenden Tale zieht sich gegen
Aordwest in beträchtlicher Länge ein Berg bis an den Oybin fort.
Man nennt ihn den Ameisenberg und erzählt sich von ihm, wie er
in uralten Zeiten von einer rohen und wilden Mienschenrasse sei
bewohnt worden, die Jagd, Fischerei und Raubhandwerk getrieben,
nach vollendeten Geschäften aber in Saus und Braus gelebt, Tag
und Nacht gespielt, gezecht und sich allen Lüsten und Begierden
ergeben hätte. Ihnen gegenüber wäre eines frommen Klausners
Wohnung gewesen, welcher diese Weltkinder oft von ihrem tollen
Treiben abgemahnt und zu einer Lebensveränderung hätte führen
wollen, allein nur von ihnen verhöhnt und verspottet worden sei.
Vergebens habe er ihnen mit des Himmels Strafe gedroht, allein
Hohngelächter und Frevelrede sei ihm zur Antwort geworden. Eines
Abends, am ersten Pfingstfeiertage, hätten sie nun des Lärmens
und Tollens so viel gemacht, daß der Geduldfaden des heiligen
Alannes gerissen, er ergrimmt sei und sie in Ameisen — welche ein
unruhiges, unstetes und mühevolles Leben führen müssen und von
Menschen und Tieren fortwährend verfolgt werden — verwünscht
und ihnen diesen Berg zur immerwährenden Wohnung ange-
wiesen habe.
730. Der Kriftallsarg im Kottmarberge.
Gräße, Bd. U, Ar. 894; Winter in der Constit. Ztg., 1853, Nr. 302;
nach Gräve, S. 204 ff.
In dem Kottmarwalde bei Kottmarsdorf unweit Löbau findet
sich gegen Morgen zu im Felsen ein nischenartiger Einbug, der ehe-
mals eine Türe gewesen sein soll, die in ein im Felsen befindliches
Gewölbe geführt habe, und sich nach der Sage auch jetzt noch zu-
weilen öffne. Es soll nämlich einst (im 10. Jahrhundert) in dieser
Gegend ein Graf ein Schloß besessen haben, dem der Herr nur ein
einziges, aber wunderschönes Töchterlein geschenkt hatte. Leider
waren aber ihre Eltern noch, wie die Böhmen überhaupt, dem
blinden Heidentum ergeben; nur jene Jungfrau war einst von einem