Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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gewöhnliche Zeichen mit dem Glöcklein gegeben, allein keiner der 
Tanzenden oder Zuschauer hat darauf geachtet, mit Ausnahme des 
Fiedlers, der zum Tanze aufspielte, welcher sich auf die Knie nieder— 
ließ, um dem heiligen Sakrament die Ehre zu erweisen. Da hat 
sich alsbald die Erde aufgetan und die ganze anwesende Gesellschaft 
lebendig verschlungen, mit Ausnahme des Fiedlers, der sich auf 
einem kleinen Hügel so lange erhielt, bis man ihm zu Hilfe kam; 
dann ist aber der Hügel auch eingesunken, also daß man weder 
Tänzer noch Tänzerinnen wieder gesehen hat. Seit dieser Zeit hat 
sich aber an diesem Orte nie wieder irgend ein nützlicher Bau vor— 
nehmen lassen; man hat auch weder die Verfallenen, noch den 
Schmuck und das Geschmeide, so sie an und bei sich gehabt, wieder 
erlangen und retten können, denn ob man wohl oft geräumet und 
sonst viele Mühe deswegen angewendet, ist doch alles, was man 
des Tages über bewältigt, des Nachts wieder eingegangen, und hat 
daher diese Zeche noch bis heute den Namen Mordgrube behalten. 
Vorzeiten ist die ganze Geschichte zu Erbisdorf in der dasigen 
Kirche abgemalt gewesen, und im Jahre 1490 hat man an der 
Stelle jenes Ereignisses noch ein gewaltig rundes Loch, so groß wie 
der halbe Markt zu Freiberg, sehen können. 
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770. Das Wundermehl bei Freiberg. 
Gräße, Bd. J, Ar. 291; Käöhler a. a. O., Ar. 434; Moller, Theatrum 
Freib. Chr. II, S. 364; Ziehnert, Sachsens Volkssagen, S. 443 ff. 
Am 20. Juli 1590 fand ein armes Hirtenmädchen, welches 
bei der herrschenden großen Dürre viel Hunger leiden mußte, zwei 
Meilen von Freiberg einen weißen Gang einer guten Spanne dick. 
Derselbe sah wie Mehl aus, und sie nahm etwas davon mit nach 
Hause und buk Brot daraus. Darauf geschah von anderen armen 
Leuten ein großer Zulauf; das weiße Mehl wurde ausgegraben 
und ebenfalls verbacken. Ein solches Brot wurde auch nach Frei— 
berg gebracht und aufs Rathaus geliefert; es schmeckte gar süßlich 
und roch ein wenig nach Brot. Aach einer andern Volkssage hackte 
im Jahre 1590, da große Teuerung war, ein frommer Mann aus 
Freiberg ohnweit der Stadt in einer Lehmgrube. Er hatte daheim 
eine zahlreiche Familie hungrig verlassen und gedachte mit Tränen, 
Meiche, Sagenbuch. 40
	        
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