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haben mehr als drei Jahrhunderte die eingemeißzelte Inschrift
fast völlig verlöscht. Der Gebirgsverein Oybin pflanzte an dem
Denkmale 1883 eine „Luthereiche“.
819. Die Wunderblume auf dem Schaltksteine.
Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Bd. J, S. 246; Gräße, Bd. II,
Ar. 792 Anm.
Bei ANeu-Johnsdorf bei Zittau steht mitten im Walde zwischen
Heidekräutern und niedrigen Bäumen ein schöner Felsenkegel. Dort
blüht in der Johannisnacht mitten auf dem kahlen Felsen ein
Wunderblümchen auf, um beim Anbruch der Morgenröte wieder zu
welken. Der Glückliche, der des Blümchens Blütenstunde belauscht
und es bricht, wird dadurch eines großen Schatzes Herr, der dort
vergraben liegt; doch schuldlos muß er sein und reinen Herzens.
820. Die gerettete Abtissin im Kloster Marienthal.“
Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Bd. II, Nr. 298 a.
Am 11. Mai 1427 überfielen die Hussiten das Kloster Marien-=
thal bei Ostritz, plünderten es und brannten es nieder. Die meisten
Aonnen waren schon nach Görlitz geflohen, wo sie in der Gasse
untergebracht wurden, die noch heute die Nonnengasse heißt; die
Äbtissin aber, Anna von Gersdorf, hatte, von Anhänglichkeit an
das Kloster und frommem Gottvertrauen beseelt, das Kloster nicht
verlassen wollen. Bei dem Uberfalle flüchtete sie sich daher, um der
Schande und dem Tode zu entgehen, über die Aeiße in den nahen
Wald, bemerkt aber bald, daß sie einem sie verfolgenden Soldaten
nicht entkommen Rhann. Plötzlich wendet sie sich um und behrt
zurüch. Ihre hohe wundervolle Gestalt, ihre mazjestätische Haltung
und das lebendige Gottvertrauen, das aus ihren Augen und ihrem
* Ein schönes Freskogemälde im Bibliotheksaale des Klosters, welches
die Abtissin Theresia II. Senftleben im Jahre 1738 anfertigen ließ, verherr-
licht diese wunderbare Begebenheit.