Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

Hausgenossin wohnte in der Oberstube, die auf der Bank lag und 
dasselbe Gespenst sah, welches sie angriff und begehrte, man solle 
ihre Schwester nicht kränken; damit warf es ein Biermaß nach ihr 
und blieb außen. 
14. Die Entbindung im Grabe zu Olbernhau. 
Gräße, Bd. l, Ar. 493, Iccander, Sächs. Kernchronik XXVII. Couvert S. 40 -43. 
In der erzgebirgischen Stadt Olbernhau starb im Jahre 1719 
eine hochschwangere Frau und ward gewöhnlicher Weise begraben. 
Da kommt einige Tage darauf ein Student auf den Kirchhof und 
liest dort die Inschriften der Grabsteine. Plötzlich sieht er auf einem 
Grabe eine weinende Frauensperson stehen, die auf sein Befragen, 
warum sie das tue, antwortet: ach, daß Gott erbarme, ein Kind 
und keine Windeln! Da hat der Student aus Mitleid sein Hals- 
tuch abgebunden und es ihr zugeworfen, worauf sie sogleich ver- 
schwunden war. Aun hat den Studenten eine große Angst befallen, 
es möge diese Person -ein lebendes Wesen, sondern ein Gespenst 
gewesen sein, er ist also sogleich zum Ortsgeistlichen und ins Amt 
gegangen und hat die Sache angezeigt, worauf die Obrigkeit jenes 
Grab öffnen ließ und man fand, daß jene Frau im Grabe ein 
Kind geboren hatte, welches tot zu ihren Füßen in das Halstuch 
des Studenten, welches dieser durch seinen darin gestichten Namen 
als sein rekognosziert hat, eingewichelt lag. 
15. Ein Toter beschwert sich über mitgegebenes Geld. 
Köhler, Sagenbuch des Erzgebirges, Ar. 89. 
Als in Weißbach bei Schneeberg ein Jüngling gestorben war, 
zog man ihm seine schwarzen Kleider an; in der Westentasche aber 
befand sich noch ein Pfennig. Da ham der Verstorbene zweimal 
des Aachts um 12 Uhr wieder nach Hause. In der zweiten Nacht 
soll der Pfarrer anwesend gewesen sein, der hat ihn gefragt, was 
er wolle. Darauf sagte die Erscheinung, sie fände im Grabe nicht 
eher Ruhe, bis man den mitgenommenen Pfennig wieder ge- 
holt hätte.
	        
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