Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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E 854. Die Räuberhöhle am Schafteiche zu Glauchau. 
Gräße, Bd. J, Ar. 580; poetisch behandelt von Ziehnert, S. 318 ff. 
In der Nähe von Glauchau befindet sich der sogenannte 
Schafteich, der fast eine halbe Stunde im Umfang hat und beinahe 
den ganzen ebenen Raum zwischen dem Scheerberge, der Mulde 
und der Lungwitz einnimmt. Aahe bei diesem Teiche befindet sich 
eine Art Stollen, der weit hinein in die Erde reicht, und den man 
gewöhnlich die Räuberhöhle nennt. In derselben soll es aber nicht 
geheuer sein. So erzählt man, daß einst ein armer Hirtenknabe 
an jener Höhle fast täglich gespielt und oft von brennender Aeu— 
gierde gequält worden sei, einmal hineinzukriechen, um zu wissen, 
was denn eigentlich darin sei. Aun getraute er sich aber, so be- 
herzt er sonst auch immer war, doch nicht so recht hinein, weil er 
den Rüchkweg zu verfehlen dachte. Da sah er einmal eine schwarze, 
goldgesprenkelte Henne in den Eingang kriechen und gachern, ge- 
rade als wenn sie legen wolle. In der Hoffnung, ihr Aest zu finden, 
folgte er ihr einige Schritte, allein bald ward es ihm zu unheimlich 
und zu finster, und so kehrte er wieder um. Da er nun aber die 
Henne auch die nächsten Tage immer wieder an demselben Orte 
fand, so dachte er darüber nach, wie ihm wohl die Henne den Weg 
in das Innere der Höhle zeigen Könne. Er nahm also einen starken 
Knäuel Garn und band der Henne einen Faden desselben an das 
Bein, und diese zog ihn nun ganz langsam, gerade als ob sie seine 
Absicht merke, hinter sich in die Höhle. Schon war aber das Garn 
fast ganz abgeweift, da sah er auf einmal vor sich ein brennendes 
Licht. Allein wie ward ihm, als er bemerkte, daß dasselbe aus 
den Augen eines schwarzen zottigen großen Hundes mit furchtbarem 
Rachen und scharfen Klauen ausströme! Meben demselben stand 
aber ein Männchen in einem grauen Aläntelchen, das hatte einen 
großen Sach Geld in der Hand, und rief ihm zu, er möge nur 
näher Kkommen. Allein der Knabe wagte es nicht, und nur erst, 
als das Männchen ihm nochmals zurief, er könne es ohne Gefahr 
tun, wagte er es. 
Hierauf reichte ihm der Graumantel eine Hand voll Taler 
und sagte, er könne hierher so oft Kommen, als er wolle, er solle 
jedesmal eine gleiche Summe bekommen, nur dürfe er niemandem 
sagen, wo er das Geld her habe, sonst sei er verloren. Der Knabe
	        
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