Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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die Mädchen aber nach Hause gekommen waren und ihre Streu 
ausschütteten, fanden sie darunter eitel goldene Ketten. Der Schatz 
des Greifensteins hatte sich in der Gestalt von Strohhalmen an 
diesem Tage gesommert, und so waren einzelne Halme in die Körbe 
gefallen, wo sie sich in die goldenen Ketten verwandelt hatten. 
II. Als der früher in Ehrenfriedersdorf angestellte Förster 
Töpel eines Tages bei dem Greifensteine vorbeiritt, hingen so viel 
Gras- und Strohhalme von den nahen Bäumen herab, daß er 
kaum hindurchreiten konnte. Dabei blieben einige Halme auf seinem 
Hute liegen. Als er daheim seinen Hut abnimmt, hat er um den— 
selben eine goldene Kette. Es soll noch ein Stück von dieser Kette 
vorhanden sein. 
870. Die Geyerschen Stadtpfeifer erblasen sich einen Schatz 
vom Greifensteine. 
Lungwitz, Geyer und das Obererzgebirge in Sage und Geschichte, S. 12. 
Einst hatten die Geyerschen Stadtpfeifer den Tanzenden im 
Thumer Ratssaale bis tief in die Aacht hinein aufgespielt und 
traten, nachdem der Reigen geendet, den Heimweg über den Greifen— 
stein an. Als sie in die Nähe der alten Felsen kamen, schien es 
ihnen, als ob dieselben in einem besonderen Lichte erglänzten. Ein 
Spielmann machte den Vorschlag, zu Ehren des Greifensteins eine 
muntere Weise zu blasen. Wie gesagt, so getan. Beim Abstieg 
nach Geyer sahen die Stadtpfeifer im Scheine des Mondes große 
Zinnstufen am Wege liegen; sie meinten der letzte heftige Gewitter- 
regen habe sie ausgewaschen. Ohne Säumen hoben sie die Stufen 
auf und steckten sie in ihren Rucksach. Als die Frauen und Kinder 
am anderen Morgen die ARuckhsäche nach einem Wurstzipfel oder 
sonst einer Gabe durchsuchten, wurden sie die Stufen gewahr und 
brachten sie zum Schmelzmeister. Der erkannte sie als reines Silber 
und lohnte die Frauen reichlich. Autzen freilich hat die reiche Spende 
des Greifensteines den Stadtpfeifern nicht gebracht; es ist alles wieder 
durch die Musikantenkehle geflossen.
	        
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