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liegen Edelsteine, Kleinodien von unendlichem Wert und eine goldene
Krone aus den Zeiten der böhmischen Lehnsherrschaft. Vor alten
Zeiten ist ein Mönchlein aus Prag gekommen in schwarzen Kleidern,
klein von Person und hinkend. Dieser hat den Schatz heben wollen.
Als er aber im Gewölbe war und die Schätze bereits vor sich sah,
schrie er vor Erstaunen. Die Gewölbe schlossen sich, und von ihren
Kleinodien, sowie von dem mönchischen Geisterbanner hat niemand
wieder etwas bemerkt.
Einst ging eine arme Frau, welche Beeren gesucht hatte, des
abends nach Zöblitz zu. Als sie die Ruine Lauterstein erblickte,
sah sie auf der Höhe eine kleine Kapelle, deren Tür offen stand.
ANeugierig stieg sie hinauf, setzte ihr Kind, welches sie bei sich hatte,
auf die Erde, ging in die Kapelle und erblickte hier in einem Kasten
vor dem Altare gemünztes Gold. Sie raffte so viel davon in die
Schürze, als sie tragen konnte; freudenvoll eilte sie damit nach
Hause, ihr Kind und die Beeren vergessend. Nachdem sie das
Gold aufgehoben, gedachte sie ihres armen Kindes. Als sie atem-
los wieder auf der Ruine ankam, war die Kapelle verschwunden,
aber auch ihr Kind. Jammernd und wehklagend ging nun das
arme Weib täglich zur Ruine; sie verwünschte das Gold und wollte
es gar nicht wieder ansehen; das Liebste fehlte ihr ja — ihr un-
schuldiges Kind. So trieb sie es jahrelang. Als sie nach drei
Jahren an demselben Tage abermals mit verweinten Augen die
Mauern der Ruine anstarrte, siehe, da zeigte sich die Kapelle
wieder. Freudig eilte sie hinein und traf vor dem Altare ihr Kind
schlafend an. Mit Entzücken preßte sie es an ihr mütterliches Herz
und eilte mit ihm, ohne an den Schatz zu denken, nach Hause.
Als sie den Berg hinunterging und sich umschaute, war die Kapelle
verschwunden. Sie zog nun nach Böhmen, kaufte hier eine Graf-
schaft, gründete ein Kloster und tat von ihren Schätzen den Armen
viel Gutes.
873. Die Schätze des ehemaligen Schlosses Voigtsdorf
bei Sayda.
Köhler a. a. O., Ar. 327.
Da, wo sich jetzt die Schäferei von Boigtsdorf bei Sayda
befindet, soll einst ein Schloß gestanden haben, das in einem Kriege,