Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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zur Antwort gegeben, man müsse ihnen zwar Erleichterung gewähren, 
aber nicht alles erlassen, denn „wenn der Bauer nicht muß, rührt 
er weder Hand noch Fuß". Nicht allzulange nach seinem Tode ist 
ein gewisser Haubold von Einsiedel, dessen Figur noch heute in der 
Schloßkirche in Stein gehauen zu sehen ist, nach der Sitte der Zeit 
nach Italien gereist und hat einst bei einem Ungewitter an der 
Pforte eines tief in den Apenninen gelegenen Klosters um Aufnahme 
gebeten. Diese ward ihm auch gewährt; man ließ ihn ein, und der 
Prior fragte ihn natürlich nach seinem Namen und dem Zweckh 
seiner Reise. Kaum hatte er sich genannt, als derselbe sich forschend 
nach verschiedenen, seine Familie betreffenden Einzelheiten erkundigte; 
und als jener diese Fragen so beantwortete, daß kein Zweifel an 
seiner Identität bleiben konnte, legte ihm der Prior einen in der 
Klosterbibliothek befindlichen genauen Riß des Schlosses Gnandstein 
und alte Schriften vor, aus denen er ersah, daß an einem gewissen, 
nicht näher bezeichneten Orte desselben ein großer Schatz in einer 
mächtigen eisernen Kiste vergraben sei; es werde einmal etwas da- 
selbst gebaut werden und man werde dann zufällig ein eisernes 
Kistchen finden, in dem sich neun Pfeile und ein großer Schlüssel 
befänden; dieses solle man sorgfältig öffnen, und nach der Seite zu, 
wo der Bart des Schlüssels hinweise, da solle man in die Alauer 
einschlagen und man werde auf die große Truhe, welche den Schatz 
enthalte, stoßen und dieselbe mit Hilfe des großen Schlüssels leicht 
öffnen können. 
Jener Conrad von Einsiedel nahm nun eine genaue Abschrift 
obiger Mlitteilung und hatte nach seiner Zurückhkunft nichts Eiligeres 
zu tun, als an verschiedenen Stellen der Burg Nachgrabungen an- 
zustellen, ob man nicht vielleicht auch so auf den Ort, wo der Schatz 
liege, kommen könne, allein alles war vergebens. Auch soll er, wie 
mehrere seiner Nachkommen, die ähnliches im Sinne gehabt, durch 
einen Traum gewarnt worden sein, von weiteren Aachgrabungen 
abzustehen, der Schatz werde zu seiner Zeit schon von selbst an den 
Tag kommen. 
Da ist in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Be- 
sitzer von Gnandstein aus dem Einsiedelschen Geschlechte auf den 
Gedanken gekommen, aus einem großen, im ersten Stocke des 
Schlosses gelegenen und in den obenerwähnten Turm gehenden 
Zimmer zwei kleinere zu machen. Er läßt also die nötigen Maurer
	        
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