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kommen und, uneingedenk jener alten Prophezeiung, bleibt er nicht
dabei, als dieselben in die dicke Mauer einzuhauen beginnen. Die—
selben schlagen nach ihrer Gewohnheit mit ihren Spitzhacken über
Kopfhöhe ein. Auf einmal stürzt unter den Steinen ein eisernes
Kistchen herab, der Deckel desselben springt im Herunterfallen von
selbst auf, die erwähnten Pfeile, ein vergilbtes Pergament und ein
großer Schlüssel in der Form der alten Kirchenschlüssel fallen heraus,
und als man dem herbeigerufenen Schloßherrn das Gefundene
überliefert, Kann natürlich niemand angeben, nach welcher Seite hin
der Schlüssel ursprünglich in dem RKistchen gelegen hat. Zwar machte
man nun abermals Versuche mit Nachgraben, allein man fand nichts.
Aun hoffte man aus jenem Pergamente etwas Näheres zu
erfahren, allein siehe, es war in Schriftzügen geschrieben, die zu
keinem bekannten Alphabet zu gehören schienen. Da hört jener
Herr von Einsiedel zufällig, daß ein Leipziger Professor, namens
Kapp (sollte dies nicht eine Namensverwechselung mit dem berühmten
Heidelberger Paläographen Fr. U. Kopp sein?), sehr geschickt in Ent-
zifferung alter Urkunden sei; man schicht ihm dieselbe also, ohne
daran zu denken, vorher eine getreue Kopie nehmen zu lassen; und
siehe, wie als ob ein neidisches Schickhsal der Familie auch diesen
letzten Anhaltpunkt rauben wollte, es kommt bei diesem Mann
Feuer aus und das Dokument verbrennt. So liegt denn jener
Schatz, von dem die erste Nachricht wahrscheinlich in jenes Kloster
durch den dorthin geflüchteten letzten katholischen Burgkaplan nach
eingeführter Reformation gelangt war, noch heute ungehoben; die
Pfeile hat zu Gräßes Zeiten) der dermalige Besitzer des Schlosses, Haupt-
mann von Einsiedel, noch als Knabe gesehen, dann scheinen sie verloren
gegangen zu sein, allein das eiserne Kistchen und den großen Erb-
schlüssel zeigt man noch heute (7) als die freilich bis jetzt nutzlosen
Wahrzeichen des Schlosses. Sonderbar genug hat aber im vorigen
Jahrhundert eine Somnambule zu Brüssel, zu der, weil man von
ihrem wunderbaren Hellsehen dort großes Aufhebens machte, ein in
jener Stadt lebender Berwandter gegangen war und ihr über das
Schloß Gnandstein verschiedene Fragen vorgelegt hatte, im magneti-
schen Schlafe sowohl die Lage, als die Bauart, das Detail der Auf-
fahrt ins Schloß und überhaupt die ganzen Bäumlichkeiten daselbst
so genau beschrieben, wie dies Kaum ein dort Geborener oder Er-
zogener zu tun vermöchte, ja zu verstehen gegeben, daß, wenn man