Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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aus. Der Abend hatte sich schon tief herabgesenkt auf die Erde 
und dem Burschen ward es unheimlich zu Mute. Er wußte nicht 
mehr, ob er das andere alles erlebt oder geträumt habe. Eilig 
schritt er den Lichtern des nicht allzufernen Ortes Kleinwolmsdorf 
zu. Dort erzählte er den Leuten, was ihm begegnet war, und sie 
unterrichteten ihn, daß er auf der Kriegswiese geschlafen habe, wo 
vor Zeiten die Bewohner von Reinhardsdorf sich gegen die Hussiten 
gewehrt haben und der Kampf zwischen den Gefallenen seit jener 
Zeit sich immer wieder erneuert. 
25. Die Geisfterschlacht bei Hermersdorf. 
Mitgeteilt von Dr. Pilk nach zwei gleichlautenden Aktenstücken des AKgl. 
Hauptstaatsarchivs: Lokat 10690 „Schatzgräberei, Hexerei, Wunderzeichen“ 
1693—1735, Bl. 50—54 und im gleichen Lokat „Allerhand einberichtete 
wundersame Begebenheiten“ 1707 ff. 
Das Wetter war klar und still in der Aacht vom 19. zum 
20. Oktober 1706, als Benjamin Müller aus Hermersdorf (Hermans- 
dorf bei Annaberg) sich auf dem Nachhausewege von Dörfel nach 
seinem Heimatsorte befand. Da plötzlich zeigte sich an dem bisher 
wolkenlosen heiteren Nachthimmel ein schwarzer Streif, ungefähr 
5—6 Ellen lang und gegen zwei Ellen breit, anzusehen wie ein 
Sarg. Dieser teilte sich in zwei Stücken, von denen jedes wie aus 
lauter Händen und Spießen zu bestehen schien. Die beiden Wolken- 
bälle stritten miteinander, dann verschwanden sie. Aber aus dem 
Orte, wo sie gestanden, von Böhmen her, kam ein Reiter gesprengt, 
welchem ein zweiter und ein dritter folgte. Nach diesen erschienen 
drei Trupps Reiter, endlich kam ein großer Heereshaufen, wohl 
viele tausend Mann, heran. Die ersten drei Reiter waren groß 
und ritten auf starken Pferden. Das Kriegsvolk, das kohlschwarz 
aussah, ordnete sich zum Kampf, nahm einander gegenüber Auf- 
steluung, und die Schlacht begann. Der linke Haufen unterlag 
und verlor sich. Der rechte Haufen stand noch. Zwei Stunden lang 
hatte die Schlacht gedauert. Zuletzt verwandelte sich die siegreiche 
Kriegerschar in eine dunkle Wolke. An dem Orte, wo sie gestritten, 
war der Himmel blutrot geworden.
	        
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