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einst schwer an ihm versündigt, indem er sein Bild wie Johann
Huß zum Feuer verdammt; später habe er aber die Wahrheit seiner
Lehre erkannt und bitte nun, da ihm solches von Herzen leid sei,
demütig um Gnade und Verzeihung seines törichten Unverstandes.
Dem Luther gefällt die Rede und er sagt, weil solches Feuer ihm
und seiner Lehre nichts geschadet, solle es ihm im Namen des Herrn
vergeben und vergessen sein. Wie nun dieser Handel ein gut und
ehrliches Gelächter gab, spricht der Absolvierte: „O Herr Doktor, ich
danke Ew. Ehrwürden, aber ich hab' noch eine große Schuld auf
mir, bitte, Jhr wollet mich auch davon absolvieren, denn ich armer
Bergmann habe mich bei der Zeche verpufft und bin an die fünf-
hundert Gülden schuldig.“ Da sagt der Luther: „Ihr Bergleute,
wenn Ihr am ärmsten seid, blüht Euer Glückh, denn da haltet Ihr
an und sehet selber zu Euern Zechen, und Mot lehret Euch beten,
zur Kirchen gehen und nüchtern und mäßig sein; darum wisset Ihr
selber nicht, wie reich Ihr seid. Ziehet heim und arbeitet treulich
und handelt redlich und glaubt und hofft an den Allmächtigen, den
rechten Erzschaffer im Namen seines Sohnes, der Silber und Gold
ins Fisches Mund sprach (Matth. 17) und läßt immer Erz wachsen
und gibt's zu rechter Zeit denen, die in ihren Zechen anhalten und
bei ihm im Gebet aushalten. Der reiche Gott wird mit Euch sein,
auf seinen reichen Segen und milde Hand absolviere ich Euch von
aller Eurer Schuld.“ Ehe dieser Bergmann wieder zu Hause kommt,
erhält er Botschaft unterwegs, man habe in seiner Zeche auf dem
seligen Asar gut Erz angetroffen; da löst er Geld und gibt Aus-
beute und zahlt alles ab und behält noch Uberlauf.
945. Die Lutherlinde in Ringethal.
Ziehnert, Sachsens Volkssagen, 1886, S. 529.
Auf dem Kirchhofe in Ringethal, einem Dorfe bei Mittweida,
stehen vier ungeheure Linden, die eine wahre Naturseltenheit sind.
Die größte davon mißt elf Ellen im Umfange und heißt die Luther-
linde, weil nach einer allgemein verbreiteten Sage Luther unter,
einige sagen sogar auf derselben gepredigt haben soll, weil ihm
entweder der dasige Priester die Kirche nicht öffnete oder weil diese