Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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sinnen, denn entweder sie mußten den Treuschwur am Herzog Wilhelm 
brechen, oder die Stadt war der Zerstörung durch den Zorn des 
Kurfürsten Friedrich gewärtig. Also waren sie in großen Möten, 
wählten aber dennoch das beste Teil. — Als der Herold zum dritten 
Male rief, gingen sie barhäuptig, je zwei und zwei, vom Rathause 
auf den Markt, jeder seinen Sterbekittel am Arme tragend, und 
traten vor den Kurfürsten, um den seine Ritter einen Kreis ge- 
schlossen hatten. Aikol Weller von Molsdorf, der Bürgermeister, 
aber nahm das Wort und sprach: „Wir und die ganze Stadt sind 
so bereitwillig als schuldig, Euch, unserm gnädigsten Herrn, unter- 
tänigst zu gehorsamen, und ist uns gegenwärtige Trennung unserer 
beiden Fürsten ein herzliches Leidwesen; aber weil wir dem Herzog 
Wilhelm, Eurem Bruder, mit gleichen Pflichten verhaftet und solcher 
von ihm noch nicht entlassen sind, also auch mit gutem Gewissen 
keinem Teil Schaden zufügen können, so bitten wir um Gottes 
willen, Ihr wollet uns doch dabei lassen und zu keinem Widrigen 
zwingen. Wenn es nicht gegen den Bruder ginge, so wollen wir 
gern Leib, Ehre und Gut für Euch zusetzen; aber dafern Ihr, was 
Gott verhüte, in uns dringen wollt, so gedenken wir lieber zu 
sterben, als uns in solche Seelengefahr zu stürzen, und ich will gern 
der Erste sein und mir meinen alten, grauen Kopf abhauen lassen!“ 
Durch diese Rede erweicht, warf der Kurfürst sein Roß herum, ritt 
zu Wellern, klopfte ihm auf die Achsel und sagte freundlich: „Aicht 
Kopf weg, Alter! nicht Kopf wegl wir bedürfen solcher ehrlicher 
Leute noch länger, die ihr Eid und Pflicht also in acht nehmen!“ — 
Hierauf lobte er die Treue der Stadt und ermahnte die Ratsherren 
und Bürger, darinnen zu verharren und furchtlos zu sein, denn er 
stehe gern ab von seinem harten Begehren. 
967. Hertha von der Planitz rettet die Kirche zu Oederan. 
Köhler, Sagenbuch, Ar. 749; Staberoh, Chronik der Stadt Oederan, 
1847, S. 36. " 
Im Bruderkriege wurde die Kirche zu Oederan von Herzog 
Wilhelms wilden, meist böhmischen Kriegern völlig ausgeraubt. 
Vom völligen Feuerruin wurde sie nur dadurch gerettet, daß, als 
die Räuber mit den Pechkränzen schon nach dem Gotteshause liefen,
	        
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