IV. Aus Tehdetagen.
975. Das Ostritzer Rathaus und die tapferen Nonnen.
Gräße a. a. O., Bd. II, Ar. 848; s. Haupt, Bd. II, S. 138.
Im Jahre 1368 kamen die Einwohner von Ostritz, das da—
mals noch sehr klein war, auf den Gedandken, sie wollten eine große
Stadt werden, wie die benachbarten Sechsstädte Görlitz und
Zittau. Sie fingen damit an, eigenes Bier zu brauen und in
der Gegend zu verkaufen, wodurch sie der Stadt Zittau, zu
deren Weichbilde Ostritz gehörte, großen Schaden machten. Aber
sie wurden immer übermütiger und beschlossen, steinerne Mauern
und Tore zu bauen, und taten es auch. Als sie aber auch ein
steinernes Rathaus auf ihrem Marktplatze errichteten, da riß den
Sechsstädten die Geduld und die Bürger derselben zogen wohl an
die hundert Wagen voll geharnischter Leute und Zimmerleute und
Maurer aus und drangen in die Stadt, um die Mauern einzureißen,
weil sie vorgaben, es hönnten sich hier ritterliche Wegelagerer fest-
setzen. Als sie aber vor das neuerbaute Rathaus Bamen, da stand
vor der Türe die Abtissin des Klosters Marienthal, an welches der
Graf von Dohna Ostritz verkauft hatte, und alle ihre Klosterjung-
frauen, und hielten das Haus besetzt, um es zu verteidigen. Allein
die Sechsstädter hatten keinen Respekt vor ihnen; sie jagten sie
hinaus, und machten das Rathaus der Erde gleich. Die Nonnen
beschwerten sich nun beim Kaiser (Karl IV.), allein sie konnten weiter
nichts erlangen, als daß die Sechsstädter ihnen ihre Fleischbänke,
welche im Rathause bereits eingerichtet gewesen waren, wieder auf-
bauen mußten.