Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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(nach Leipzig) weggereist, hat der höchstlöblichen Kurfürstin Marga— 
rethen gar eben geträumt, es wäre ein grausames wildes Schwein 
kommen, welches in einen angenehmen Garten eingebrochen und 
sich unterstanden, neben den Reben und Gewächsen fürnehmlich die 
junge schöne aufwachsende Raute zu verderben, welchem niemand 
Widerstand getan, bis endlich noch ein Bär herzugelaufen, welcher 
desselben wilden Schweines Wüten mit seiner Tatze gesteuert habe. 
Weswegen auch höchstgedachte Kurfürstin ihrem durchlauchtigsten 
Gemahl sehr hat angelegen, er möchte doch seine nach Leipzig vor— 
genommene BReise noch in etwas aufzuschieben sich gefallen lassen. 
Der hat aber den Traum nicht geachtet, sondern geantwortet: „Träume 
wären Gäume! Wer auf Träume achte, greife nach dem Schatten.“ 
Die im Traume erwähnte Raute schmeckt sehr nach Erfindung 
(Schäfer a. a. O., S. 19, Anm.). Eine weit glaubhaftere Variante 
ist, daß der Eber in dem unterhalb des Schlosses gelegenen Wäldchen, 
die Leiste genannt, da, wo die Kurfürstin häufig lustwandelte, zwei 
junge Eichen, die sie liebgewonnen, auszuwühlen drohte. Die Bäume 
führen seit jener Zeit den Aamen Prinzeneichen (a. a. O., S. 100). 
977. Die Eichen bei Callnberg. 
Gräße, Bd. I, Nr. 475; Ziehnert, S. 527 ff. 
In Callnberg bei Lichtenstein, wo Kunz von Kauffungen die 
Garleitern (lederne Leitern mit Holzsprossen) für den Prinzenraub 
fertigte — der Ort gehörte seinem Vetter Dietrich —, stehen noch 
heute ohngefähr 200 Schritte vom Rittergute an der Straße von 
Waldenburg nach Lichtenstein zwei sehr alte, jedoch nicht schön ge- 
wachsene Eichen, von denen man sagt, daß sie zum Andenken an 
den Prinzenraub gepflanzt worden sind. Die Scheune, in welcher 
jene Leitern angefertigt wurden, ist längst zerstört, der Platz aber 
mit einer Denktafel bezeichnet, deren Schrift mit der Zeit unleser- 
lich geworden. Diesem Mlangel half ein vogtländischer Schulmeister, 
der hier seine Verwandten besuchte, ab und dichtete folgende Inschrift: 
Hier knüpfte Leitern der Teufelskerl 
Kunz Kaufung, zu rauben des Landes Perl. 
Hans Schwalbe dazu ihm war bereit, 
Gelobt sei Gott in Ewigkeit.
	        
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