Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 818 — 
worfen habe, wo ihr täglich nur eine halbe Semmel zur Zehrung 
gereicht werde, und weiter, daß die Selkischen schon im Anzuge 
seien, um dieserhalb den Posterstein zu belagern. Eilig zog der 
Hauptmann mit seiner auf den Bat der Zigeunerin verkleideten 
Mannschaft — sie legten nämlich gelbe Kleider an, die sie in der 
ganzen Gegend unkenntlich machten — den Selkischen zu Hilfe vor 
die Burg des alten RNitters und forderte diesen auf, mit ihm zu 
kämpfen. Der ließ sich dies auch nicht zweimal bieten, denn er 
war ein Riese von Gestalt und meinte den jungen Burschen zu er- 
drüchken. Da er aber zum drittenmal vergeblich gegen jenen an- 
gerannt war, schonte ihn sein Herausforderer nicht länger und hieb 
den alten Riesen so durchs Haarwachs, daß er alsbald tot vom 
Pferde fiel. Alle drangen jetzt in die Burg, und der Anführer der 
gelben Schar lief durch alle Gemächer, die Geliebte zu suchen, die 
er auch glücklich heimbrachte. Weil nun die Frau des alten NRäuber- 
hauptmanns meinte, es tauge nicht, daß unter einem Dache zwei 
Frauen wirtschafteten, zog sie aus, um sich anderweitig anzubauen. 
Ihr Haus hieß hernach, gegenüber demjenigen des Sohnes, die 
Moder oder „Die Mutter". 
1000. Die Entstehung von Werdau. 
Eisel a. a. O., Nr. 828; Köhler a. a. O., Ar. 525, nach Göpfert, Ge- 
schichte des Pleißnergrundes, Zwickau 1795, S. 267; dazu Mitteilungen 
von Lehrer R. Fritzsche in Werdau. 
Ein Bischof namens Egidius jagte einst, als die ganze Gegend 
von Werdau noch Wald gewesen, an diesem Orte. Er verirrte sich 
dabei, und als er sich, von der Jagdanstrengung ermattet, in der 
grausigen Einsamhkeit niedersetzte, schlief er ein. Im Traume schreckten 
ihn die wilden Tiere des Waldes; aber plötzlich fuhr er, von einem 
Geräusch geweckt, aus dem Schlafe auf und rief: „Wer da?m?“ Es 
hatte sich nämlich ein verwundetes Reh vor ihm niedergeworfen 
und die Läufte auf des Bischofs Schoß gelegt. Miitleidsvoll zog 
der Gottesmann den Pfeil aus der Wunde und befreite das Tier 
von seinen Qualen. — Nach mühevoller Wanderung fand er glück- 
lich den Weg zu den Seinen. Unterwegs aber hatte er beschlossen, 
die Bäume auszurotten, eine Stadt anzulegen und an dem Orte, 
  
Die Sage ließe sich auch im 3. Teile (romant. Sagen) unterbringen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.