Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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wiederum um eine andere Ecke gekommen, nochmals. Die neu— 
gierigen Forscher ließen sich jedoch dadurch nicht abhalten, sie gingen 
immer weiter, trotzdem, daß ihre Fackeln fast zu verlöschen drohten. 
Da erblickten sie plötzlich vor sich eine Tafel, auf der große an— 
gezündete Wachskerzen standen und um welche schwarzverhüllte 
Gestalten mit Totengesichtern saßen. Von diesen erhob sich eine, 
wie es schien, ein alter Prior, und sprach: kehret augenblicklich um 
und laßt die Toten ruhen, sonst seid Ihr alle des Todes; zum An- 
denken aber an das, was Ihr gesehen habt, nehmt hier diesen sil- 
bernen Becher und versprecht, uns in Ruhe zu lassen. Bei diesen 
Worten verschwand er und mit ihm die Tafel und ihre Beisitzer, 
die Fackeln verlöschten und die Wände des Ganges, den jene noch 
zu durchwandern hatten, stürzten zusammen. Bebend vor Schrecken 
eilten alle dem Eingange zu, und als man nach vielen Jahren den 
Gang abermals betreten wollte, war er verschüttet. Dener silberne, 
vergoldete Kelch wird aber noch heute, wenn den Fürstenschülern 
zu Grimma das Abendmahl ausgespendet wird, gebraucht. 
30. Das Zauberschloß im Windberge bei Burgk. M 
Gräße, Bd. 1, Ar. 262; nach Becker, der Plauische Grund bei Dresden, 
-ürnberg 1799, S. 107 ff. und Petzholdt, der Plauensche Grund, Dresden 
1842, S. 60 ff.; novellistisch behandelt von Gottschalk, Deutsche Volks- 
märchen, Teil I, S. 163 ff.; poetisch verarbeitet von Ziehnert, S. 15. 
In Burgk am Windberge wohnte vor Jahren ein alter Dorf- 
musikant, der in der ganzen Gegend beliebt war, denn alle Mlädchen 
und Burschen behaupteten, daß sich's nach seiner Geige am besten 
tanze. Die Beine hoben sich wie von selbst und auch die un- 
geschichtesten Tänzer mußten Takt halten, sie mochten wollen oder 
nicht. Dies lag nun einmal so in seiner Geige. Rothkopfs Görge, 
so hieß der lustige Fiedler, war also in allen Schänken willkommen 
und wurde zu allen Kirmsen und Hochzeitsfesten bestellt. Eines 
Sonntags, als er den Bauern von Deuben zum Tanze aufgespielt 
hatte und in der Mitternachtsstunde einsam nach Hause ging, über- 
rechnete er den Ertrag seiner Geige und dachte dann an den künf- 
tigen Sonntag, zu welchem er wieder bestellt war. So verging 
ihm die Zeit und unvermerkt Kam er zum Windberg. Da fiel 
ihm auf einmal das Zauberschloß ein, von welchem er in seiner
	        
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