Full text: Das Hamburgische Staatsrecht.

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Wohl erkannte man die Oberhoheit des Kaisers nach wie vor 
an; aber ihre thatsächliche und auch ihre rechtliche Bedeutung ward 
immer geringer, je mehr die Landeshoheit im Laufe der Zeit an Um— 
fang und Macht zunahm. Der Kaiser mußte nicht nur die einzelnen 
Territorialgewalten, auf deren Unterstützung er angewiesen war, an— 
erkennen und ihnen immer größere Befugnisse auch formell zugestehen, 
sondern er sah sich auch genötigt, sich selbst neben der kaiserlichen 
Gewalt eine Territorialherrschaft, eine sogenannte Hausmacht, zu gründen 
und zu befestigen; denn nur mit Hilfe dieser konnte er in den späteren 
Jahrhunderten überhaupt noch eine größere Rolle im politischen Leben 
Deutschlands und Europas spielen. Von den Rechten, welche dem 
Kaiser als solchem zuletzt noch verblieben, ist nicht mit Unrecht gesagt 
worden, sie seien so gering gewesen, daß sie nicht mehr als monarchische 
Befugnisse, sondern nur noch als Reservatrechte bezeichnet werden 
könnten. Kaum weniger ohnmächtig aber war der Reichstag zu 
Regensburg, auf dem Hunderte von Territorialgewalten über die 
Durchführung ihrer Sonderinteressen mit einander haderten, und auf 
dem auch auswärtige Mächte indirekt ihren Einfluß geltend zu machen 
wußten. Ein allgemeineres deutsches Nationalbewußtsein war noch 
nicht erwacht oder, soweit es existiert hatte, wieder verloren gegangen, 
und so gab es denn im alten Deutschen Reich keine Reichspolitik, 
sondern nur eine Sonderpolitik der einzelnen Landesgewalten. 
Zu den Landesgewalten aber zählten neben den großen und 
kleinen, weltlichen und geistlichen Fürsten auch die im Laufe der Zeit 
zu gleicher Selbständigkeit gelangten Reichsstädte. Im Schutze ihrer 
Mauern und Wälle, hinter denen ein kräftiges, unternehmendes Bürger- 
tum den benachbarten Großen zu trotzen wußte, und begünstigt durch 
die stetig zunehmende Zersplitterung aller Kräfte und Mächte im 
Reich, waren diese Städte mit einem Teil des sie umgebenden Gebiets 
zu Städtestaaten geworden, die ebenso wie die übrigen Territorial= 
gewalten reichsunmittelbar waren, d. h. unmittelbar unter der zuletzt 
thatsächlich kaum noch in Betracht kommenden Oberhoheit von Kaiser 
und Reich standen. 
Ein wesentlicher Unterschied aber bestand zwischen der inneren Organi- 
sation der Reichsstädte und derjenigen der übrigen Territorialgewalten 
des Reichs. Letztere waren sämtlich entweder erbliche Monarchien
	        
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