— 188 —
von den Feinden unabläfsig verfolgt, und noch mehr dem Froste,
dem Hunger und allen Drangsalen preisgegeben, an der eigenen
Rettung verzweifelten, wollten sie doch lieber alles verlieren, außer
die Ehre.
ss. 8.
Wie jedes Volk, dessen sittliche Kräste von einem energischen
Willen regiert werden, am mieisten dann sich in ungewöhnlicher
Größe zeigt, wenn es von Unglück oder Gewalt sehr bedrängt
wird; so auch Bapern im Jahre 1815. Nach dem Verluste ei-
nes ganzen auserlesenen Heeres, zu dessen Ausrüstung die größten
Anstrengungen erforderlich waren, wurde doch wiederum mit un-
glaublicher Schnelle ein Heer geschaffen und ausgerüstet. Nicht
genug. Da die Bedeutsamkeit des Augenblickes vom Könige und
dem Volke richtig erfaßt wurde, so fand, um sich Feinden eben
so furchtbar, als Freunden willkommen zu machen, eince allgemeine
Volksbewaffnung statt, so daß ganz Bapern einem Lager glich.
Auf die Forderung des französischen Kaisers wurden 10,000 Mann
nach Sachsen gesendet, welche späterhin in dem Treffen von
Luckau und Großbeeren, zwar tapfer, aber unglücklich fochten;
20,000 aber, meistens Neugeworbene, worunter ein großer Theil
von dem zweiten Aufgebot (mobile Legionen) sich befanden, zogen
nach dem Inn, wo indessen beide Partheien, Bapern und Oester-
reicher, den Gang der Begebenheiten auf dem Kriegsschauplatze
in Sachsen ruhig abwarteten. Als nun aber das französische Heer
durch die Tapferkeit der verbündeten Heere und die Klugheit ihrer
Anführer immer mehr in die Enge gebracht, und der Feind ge-
nöthigt wurde, die letzten Kräfte zu versammeln, unter andern
das Observations-Corps von 100,000 Mann, das unter Augerau
in Franken gestanden, an sich zu ziehen: da war der Augenblick
gekommen, wo der König von Bayern, der sich von seinem Be-
schützer verlassen, und sein Land einem mächtigen Feinde bloßge-
stellt sah, das Necht der Selbsthülfe in Anspruch nehmen, und
dem Wunsche seines Herzens, wie seines Volkes gemäß handeln
konnte. Durch einen in Ried (am 8. October) abgeschlossenen
Vertrag, sagte sich der König von dem Rheinbunde los, und ver-
band seine Streitkräfte mit Oesterreich und seinen Allirten gegen