88 Die Volksschule.
hierbei vorausgesetzt, dass nicht durch ein vorzeitig und ohne Vorbereitung
angewendetes System allgemeiner und direkter Wahlen Kammern von ultra-
montaner Färbung zu Stande gebracht seien. Wäre dem so, dann könnte
allerdings von einer Unterstützung der Regierung bei Bemühungen zur
Hebung der Volksbildung keine Rede sein; es wäre aber überhaupt mit
jedem Vorschritt in der Richtung verständiger Freiheit und Gesittigung zu
Ende. Für einen solchen Zustand gibt es denn aber keine rationelle
politische Erörterungen.
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Das Recht zur Gründang und Unterhaltung einer Schule.
Eine der wichtigsten Fragen, welche bei den Verhandlungen der badi-
schen, bayerischen und österreichischen Ständever lungen über die be-
treffenden Schulgesetze, ausserdem aber auch in Schriften zur Sprache
gebracht worden sind, ist die, wer berechtigt sei eine Schule zu errichten?
Die Forderung der grösstmöglichen Freiheit wurde von Vertretern der
kirchlichen Ansprüche gestellt, in der ausgesprochenen Absicht durch die
verlangte Freiheit ein Mittel zu erhalten, den Wirkungen des Staats-
schulgesetzes auszuweichen und Schulen zu errichten, welche in anderem
Geiste geleitet werden, als die vom Stante organisirten, zu Benützung jener
aber die Bevölkerung als zu Erfüllung einer christlichen Pflicht zu be-
wegen. Auch amtliche Erklärungen von kirchlichen Auctoritäten haben ein
solches Recht als selbstverständlich für die Kirche in Anspruch genommen;
wenn der Staat Schulen zu errichten befugt sei, so könne man der Kirche
das Recht nicht bestreiten, Pfarrschulen zu errichten‘). — Natürlich be-
schränkt sich die Forderung nicht bloss auf die Volksschule; allein da es
sich überall nur von der Einrichtung dieser handelt, so ist zunächst nur
auf ihrem Gebiete der Streit geführt worden, und es wird daher auch hier
genügen, die Frage in dieser Beschränkung ins Auge zu fassen, wenn
schon vielleicht gelegentliche Seitenblicke nicht ganz vermieden werden
können. In der Hauptsache gelten übrigens natürlich die Gründe für und
gegen auch in Betreff der höheren Schulen.
Die Wichtigkeit der hier erhobenen Frage fällt in die Augen. Von
ihrer Entscheidung hängt die praktische Wirksamkeit der beabsichtigten
Schulgesetze des Staates zum bedeutenden Theile ab.
Der Anspruch anf ein Recht zur Stiftung und Erhaltung von Schulen
1) So namentlich die Froysinger Denkachrift (des bayer’schen Episcopates), Nr. IV; die Ein-
gabe der bayer’schen Bischöfe, a. a. O. 8. 40; dio Denkachrift des Erzbischofs von Frei-
burg, 8. 14.