Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

Die Volksschule. 95 
stunden in Einklang mit den Arbeiten zu setzen. — Oder aber es kann 
eine Religionsgesellschaft zwar nicht so zahlreich an einem Orte vertreten 
sein, dass sie eine eigene confessionelle Schule gesetzlich verlangen könnte, 
aber doch die Mittel besitzt, eine eigene confessionelle Schule auf ihre 
Kosten für ihre Kinder zu errichten. — Allerdings werden die gesetzlichen 
Volksschulen durch solche Nebenschulen da zuweilen einen Ausfall an Ein- 
konımen erleiden, wo Schulgelder bezahlt werden müssen; es ist dies 
jedoch nur ein untergeordneter Nachtheil gegenüber von dem Nutzen 
solcher ergänzenden Unterrichtsanstalten. 
Diese Fälle eines unzweifelbaften Nutzens von Privatschulen dürfen 
jedoch in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Sie haben immer nur 
bestimmte Bedürfnisse oder vereinzelte Verhältnisse zum Gegenstande; im 
Grossen und Ganzen wird das allgemeine System der gesetzlichen Staats- 
schule dadurch nicht berührt oder gar hinfällig gemacht. Es ist also noth- 
wendig, dieses hauptsächlich ins Auge zu fassen und zu untersuchen, wie 
sich zu ihm eine allgemeine Berechtigung zur Gründung von Privatschulen 
verhält. Und bier lässt sich eine bedeutende Anzahl von Bedenken und 
selbst unzweifelhaften Nachtheilen nicht verkennen. Dieselbeu 
betreffen theils zunächst die einzelnen Schulen und Gemeinden, theils aber 
die Staatsinteressen im Allgemeinen. 
Vor Allem ist es unläugbar eino grosse Geldvorschwendung, wenn neben 
einer ihrer Aufgabe gewachsenen Volksschule, welche also die Bedürfnisse 
einer bestimmten Bevölkerung befriedigen könnte, auch noch eine zweite 
Schule errichtet wird. Es ist, wie im Privatleben so auch bei öffentlichen 
Einrichtungen immer verkebrt und schädlich, wenn zur Erreichung eines 
Zweckes, welcher mit einen einfachen Aufwaude erlangt werden könnte, 
ein doppelter gemacht wird. Dadurch wird eine entsprechende Vermelrung 
des Vermögens verhindert, oder die Erreichung eines zweiten nützlichen 
Zweckes unmöglich gemacht. Diese Erwägung fällt aber doppelt ins Ge- 
wicht in gegenwärtiger Zeit, welche den Staat nöthigt, von seinen Bürgern 
die äussersten Anstrengungen für finanzielle und militärische Zwecke zu 
verlangen und dadurch tlıeils den Nationalwohlstand schwer zu schädigen, 
theils zahlreiche sachliche oder geistige Lebensaufgaben kärglich zu be- 
denken. Ein solcher doppelter Aufwand aber wird gemacht, wenn neben 
der in der Gemeinde bereits bestehenden Volksschule und trotz genügender 
Leistung derselben doch noch eine zweite Schule gleicher Art (Pfarrschule 
oder Schule geistlicher Korporationen) errichtet wird. Die Verschwendung 
kann aber nicht etwa dadurch verhütet werden, dass in solchem Falle die 
Gemeindeschule eingezogen wird. Einmal werden schwerlich alle Aeltern 
mit diesem Aufhören der Staatsschule und mit der daraus folgenden Noth- 
wendigkeit ihre Kinder in die unter entschiedenstein kirchlichen Einflusse
	        
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