Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

108 Die Volksschule. 
dener Achtung gegen ein angebliches Freiheitsrecht, welches wie so oft bei 
Ansprüchen der katholischen Kirche nur Recht auf Herrschaft bedeuten 
würde, wäre unverzeihliche Kurzsichtigkeit. So grosser Lärm dagegen er- 
hoben werden mag, ein unbedingtes gesetzliches Verbot dieser Art von 
Privatschulen, was sie denn eigentlich gar nicht sind, ist eine nothwendige 
Verb g egel zur Vertheidigung des. Staates der Gegenwart und 
der durch ihn bedingten Gesittigung. Halbe Maassregeln können hier, we- 
niger als je, befriedigen, sondern wären nur die Quelle endlosen Streites und 
theilweiser Niederlage. Von einer Verdrängung der Kirche aus einer ihr 
gebührenden und jeden Falles segensreichen Wirksamkeit kann dabei gar 
keine Rede sein. Dass die Schule als Vorbereitung für das ganze bürgerliche 
und gewerbliche Leben keine kirchliche Anstalt, ihre Gründung keine Auf- 
gabe der Kirche, sondern vielmehr des Staates ist, wurde genügend erörtert; 
das ihr eigenthümliche Gebiet, die religiöse Bildung, bleibt ibr aber in den 
Schulen des Staates, und wenn diess nicht ausreichen sollte, ausserhalb der- 
selben, völlig unangetastet. Hat sie wirklich so grossen Eifer für die all- 
gemeine Volksbildung, wie sie itzt etwas spät behauptet, so ist zur Be- 
thätigung desselben genügende Gelegenheit vorhanden, durch Mitwirkung 
zur möglichst guten Dotirang, Einrichtung und sonstiger Förderung der in 
jeder Gemeinde bestehenden Schule, ausreichende Mittel zur Bethätigung 
aber werden die amtliche Berechtigung zur Tbeilnahme an der Ortsschul- 
behörde und noch mehr der durch wohlwollende Gesinnung und wirkliche 
Leistungen so leicht zu erwerbende persönliche Einfluss gewähren. Zu allem 
diesem bedarf es keiner eigenen Gegenschule. 
5) Die in Betreff der Privatschulen zur Auwendung zu bringenden 
Repressiv-Maassregeln bieten keinen Gegenstand zu Zweifeln oder be- 
sonderen Bemerkungen. Sie bestehen der Natur der Sache nach in der Schlies- 
sung von Schulen, welche gegen gesetzliche Bestimmungen errichtet worden 
sind oder die beharrlich ihnen auferlegte Verbesserungen, durch welche sie 
den Öffentlichen Volksschulen gleichgestellt werden sollen, nicht einführen ; 
in der Entfernung von Lehrern, welche sich thatsächlich unfähig oder un- 
würdig erweisen, natürlich unter Befolgung derselben Grundsätze und des 
gleichen Verfahrens, welche gegen die I,ehrer an öffentlichen Schulen zur 
Anwendung kommen; endlich in Strafen wegen einzelner ungesetzlicher 
Handlungen. Selbstverständlich sind dieselben Behörden, welche zur Ver- 
hängung der gleichen Maassregeln gegenüber von den Öffentlichen Schulen 
bestellt sind, auch da zuständig, wo es sich von Privatschulen handelt. Sie 
sind sachverständig ; einer etwa vorhandenen geringeren Neigung zu Privat- 
schulen werden diese in der Regel durch tadellose Leistungen begegnen 
können. Jeden Falls wäre Abhülfe durch Beschwerden bei den obersten 
Regierungsbehörden oder der Volksvertretung zu erwirken und würde die
	        
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