118 Die Universitäten.
sitze des Rectors besteht ein akademischer Senat, gebildet aus ordentlichen
Professoren; und zwar bald als engerer (Ausschuss), bald als grosser, sämmt-
liche Lehrer der genannten Art in sich begreifend. Im letzteren Falle
gleicht er fast einer kleinen Ständeversaınmlung mit den Parteien und Leiden-
schaften, sowie dem Zeitverluste, aber auch dem Nutzen einer solchen, was
Oeffentlichkeit und volle Berathung betrift. Dem Senate steht die Be-
rathung sämmtlicher allgemeiner Universitätsangel heiten zu, namentlich
eine Begutachtung der in der Regel von den betreffenden Fakultäten vor-
geschlagenen Stellenbesetzungen. Neben ihm oder unter ibm sind kleinere,
ebenfalls aus Professoren bestehende, Verwaltungscollegien für verschiedene
besondere Zwecke, so für die Disciplin der Studirenden, für die Wirthschaft
der Anstalt, zur Leitung der Bibliothek u. dgl.
Die Studenten werden durch Immatriculation Angehörige der Ge-
sammtheit (nicht bloss einer bestimmten Fakultät), akademische Bürger.
Jedem ist die ganze Anstalt mit allen ihren Mitteln zugänglich, er nament-
lich zum Besuche jeder Art von Vorlesung, auch ausserhalb seines beson-
deren Faches berechtigt. Sie leben in grosser individueller Freiheit, einzeln,
jeder nach Mitteln und Laune. Trotzdem, dass die früheren Bevorrech-
tungen in Betreff des Gerichtsstandes und des materiellen Rechtes allmählig
beinahe ganz aufgehoben worden sind, bilden die Studirenden doch immer noch
eine abgesonderte Klasse, zum Theile nach dem Gesetze, mehr noch nach der
Sitte, und zwar unter sich vielfach in freiwillige Gesellschaften getheilt,
mit buntem phantastischem Aeussern, mancherlei auffallendem Auftreten
und nicht selten auch mit störender Anmaassung. Diese freiwillige kor-
porative Ordnung der Studirenden reicht bis zu dem ersten Entstehen der
Universitäten hinauf, freilich im Laufe der Zeit vielfach verändert in Ord-
nung, Zweck, äusserer Erscheinung. Nationen, Landsmannschaften, Kränz-
chen, Burschenschaft, Corps, progressistische Verbindungen u. s. w. bestan-
den nach einander und bestehen theils itzt noch neben einander. Oft vom
Gesetze verboten, (Kaiser und Reich, der Deutsche Bund, die ein-
zelnen Rogierungen bemühen sich darum ,) sind sie, immer wieder ent-
standen, bis sie itzt endlich tolerirt, wo nicht offen anerkannt sind.
Daneben leben freilich auch viele unverbunden; dann aber leicht nicht so-
wohl unabhängig als unterdrückt. — Obne Zweifel hat diese Absonderung
einer Seits und die freiwillige Ordnung anderer Seits sehr gemischte Fol-
gen. Für Viele entsteht daraus eine schöne poetische Jugendzeit, mit Er-
innerung für das ganze Leben; für Manche ein sinnloses und wüstes Trei-
ben, aus welchem sie zu spät und mit versäumten besten Jahren erwachen:
für die Meisten mehr oder weniger Zeitverlust. Namentlich aber machen
sich zwei charakteristische Richtungen, als Folgen dieser Aussonderung aus
der Gesellschaft und der eigenen Organisation geltend, eine gute und eine