Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

120 Die Univerzitäten. 
sowohl katholische als protestantische Theologie, natürlich durchaus von 
einander getrennt und selbstständig. 
Die zu einer Hauptabtheilung gehörigen Lehrer bilden einen engeren 
Verein, Fakultät genannt, unter dem wechselnden Vorsitze eines Dekans. 
Gewöhnlich sind solcher Fakultäten vier, da die allgemeinen: Wissenschaften 
zusammen in ein nur sehr theilweise richtig als philosophische Fakultät be- 
zeichnetes, innerlich sehr verschiedenes buntscheckiges Ganzes zusammen- 
gefasst sind; in neuerer Zeit ist jedoch zuweilen durch die oben bezeich- 
neten Auscheidungen eine Vermehrung der Zahl eingetreten‘). Eine Fakultät 
besteht aus einer normalmässigen, dem Umfange Jder zu lehrenden Wissen- 
schaft entsprechenden Anzahl von Lehrstühlen, deren Inhaber ordentliche 
Professoren genannt werden. Sie hat für genügende Besorgung ihrer Auf- 
gabe zu sorgen, beziehungsweise Anträge bei dem Senate und den höheren 
Behörden zu stellen. Ihr unterstehen zunächst diejenigen wissenschaftlichen 
Anstalten, weiche für das einschlägige besondere Studium bestimmt und 
einem Lehrer der Fakultät zu diesem Ende anvertraut sind (Laboratorien, 
Sammlungen u. 5. w.). Sie ertheilt in ihrem Wissenszweige akademische 
Würden, welche von allen deutschen Universitäten, und selbst von den Re- 
gierungen als Ehrenbezeigungen, unweigerlich anerkannt werden; zu dem 
Ende mag sie denn auch Prüfungen vornehmen. Disciplin oder Gerichts- 
barkeit über die ihr zunächst zugewendeten Studirenden hat sie nicht; diese 
stehen nur der Gesammtheit zu, deren Mitglied, wie oben bemerkt, der 
Studirende ist, ohne Rücksicht auf sein Fach. — Einen nur lose mit einer 
Fakultät verbundenen und kaum Rechte in derselben geniessenden Anfang 
bilden die noch nicht zu einer normalmässigen Lehrstelle berufenen Lehrer 
einer in den Kreis der Fakultäten gehörigen Wissenschaft, also die ausser- 
ordentlichen Professoren und Privatdocenten. 
Die an die Universitäten gestellte geistige Aufgabe ist eine sehr be- 
deutende, nicht etwa nur nach dem Umfange, sondern auch in Betreff der 
leistung an sich. 
Einmal nänlich sind die allgemein bildenden Wissenschaften auf ihrer 
vollen Höhe und in ihrer neuesten Entwickelung zu lehren. Hier ist nicht 
Erziehung für bestinımte beschränkte Aufgaben, sondern das Wissen an 
sich, so gut es nur beschaflt werden kann, der Zweck. Is bestehen bei 
uns keine niederen und keine höheren Anstalten für die J.chre dieser Wis- 
senschaften.. Die Nation erwartet von den Universitäten deren Ueberlie- 
ferung in ihrem höchsten Maasse. Dieses Ziel ist dann freilich sehr vielen 
  
ı) In München und Würzburg sind wegen einer eigenen staatswissenschaftlichen Facultät 
deren fünf, In Bonn fünf wegen doppelter Theologie, in Tübingen sogar sieben, well zwei 
theologische, eine staatswissenschaftliche und eino naturwissenschaftliche Facultät einge- 
richtet sind,
	        
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