Die Universitäten. 125
stimmung der Universität selbst. Es ist allgemeine Sitte unter den Wohl-
habenden, mehrere Hochschulen nach einander zu besuchen, was bildende
Wanderjahre für die Studirenden, für die Universitäten unter sich aber
eine höchst günstige Wettbemühung zur Folge lat. Und wenn etwa ver-
langt wird, dass der Studirende überhaupt Vorlesungen besuche und nicht
ganz müssig ‚gehe, so geschieht diess als Erziehung egel in Ver-
tretung der Aeltern und zur Erhaltung von Ordnung und Sitte.
II. Französische Universitäten.
l. Ordnung und Erscheinung.
Nur sehr uneigentlich kann, im deutschen Sinne des Wortes, von
französischen Universitäten gesprochen werden. Die Bezeichnung Universität
wird in Frankreich nur von einer Verwaltungsbehörde !) gebraucht, nicht
aber von Unterrichtsanstalten. Aber auch abgesehen von der Benennung
sind keine organische Vereinigungen der an demselben Orte zum höheren
wissenschaftlichen Unterrichte bestehenden Anstalten und Lehrkörper vor-
handen. Es gibt nur einzelne Facultäten: in verschiedener Zahl, an ver-
schiedenen Orten; obne innere oder äussere Verbindung unter sich: also
nur Specialschulen. Solcher Facultäten aber sind es fünferlei; nämlich:
lettres; sciences (beide zusammen die deutsche philosophische Facultät ent-
haltend); miedecine; droit; theologie. Von den beiden ersteren bestehen je
sechszehn; für Medicin drei; für Rechtswissenschaft neun; für Theologie
sechs katholische und zwei protestantische. Nur in Paris und in Strassburg
sind alle fünf Facultäten an demselben Orte; sonst in der Regel nur die
beiden philosophischen und, soweit es reicht, eine juristische,
Ausserdem besteht noch neben den Facultäten eine ziemliche Anzahl
von ebenfalls unverbundenen Unterrichtsanstalten. Theils sind dieselben
zu einer Art von Ersatz für Facultäten an solchen Orten bestimmt, welche
mit solchen nicht versehen sind (städtische Vorbereitungsschulen in den
philosopbischen und medicinischen Wissenschaften); ein klägliches Noth-
mittel. Thbeils bestehen sie neben den Facultäten, eben so gut wie diese
ausgestattet und in gleicher wissenschaftlicher Höhe; so die drei Apotlıeker-
schulen und die Normalschule in Paris zur Bildung von Gymnasiallehrern.
Theils endlich sind es Unterrichtsanstalten, welche höher stehen als die
Facultäten und zwar sowohl in der öffentlichen Meinung, als nach den
1) Das gesamnite öffentliche Unterrichtswesen In Frankreich ist zusammengefasst In der
Univerrite de France. An seiner Spitze steht der Unterrichtsminister; ibm zur Seite ist ein
aus 33 Mitgliedern bestimmter Kategorieen bestehender und jährlich neu zusammeugesetzter
Bath, weicher jedoch nur zweimal Im Jabre Sitzungen hält. Zur unmittelbaren Aufsicht und
Leitung ist das Reich in 16 Akademioen gethellt, Verwaltungsbezirke von vier bis sechs
Departements, an deren Spitze ein Recteur mit den uötbigen Bureaus steht.