Die Universitäten. 169
gerade akademischer Korporationen vor. Ist nämlich cine solche nur dem
kleineren zurächst betheiligten und sachverständigen Collegium der betreffen-
den Facultät, überlassen, so ist theils zu besorgen, dass cine bestinnte
Schule einseitig und ungerecht begünstigt und zu grossem wissenschaftlichem
Nachtheil über ihre richtige Lebenszeit hinaus verewigt werde. Je bedeu-
tender und reformatorischer eine neue Richtung ist, desto mehr werden
wohl Vertreter derselben ferne gehalten werden. Ueberlässt man aber der
grossen Versammlung des ganzen akademischen Senates die schliessliche
Entscheidung über die Besetzung der Stellen, so fallen zwar diese Nach-
theile grössten 'Theiles weg, dagegen treten andere Missstände ein, nament-
lich dass Solche, welche nicht sachverständig noch bei der Güte der Walıl
direct betheiligt sind, entscheiden; dass in so grosser Versammlung, welche
natürlich kein Geheimniss bewahrt, eine offene und walıre Abwägung der
verschiedenen Persönlichkeiten verdricsslich und daher auf sie nicht zu
zählen ist; dass von Seiten eines zahlreichen Collegiums die Aufstellung
und Festhaltung eines Planes für Ausfüllung von Lücken, für Nachbildung
und Ermunterung bestimmter junger Männer, ferner Vorbereitungen zur
Ersetzung unbrauchbar gewordener, allein noch im Collegium selbst sitzen-
der Mäuner ganz undenkbar sind, nıd dass somit immer nur zufällig, plan-
los und unorganisch gehandelt wird. Davon gar nicht zu reden, dass von
der Selbstergänzung und den derselben vorangelienden Öffentlichen und ge-
heimen Verhandlungen hauptsächlich die widrigen und unwürdigen Streitig-
keiten und Spannungen auf manchen Universitäten herrühren. Damit ist
dann aber freilich nicht gesagt, dass die zunächst Sachverständigen gar nicht
zu hören, die Ernennnngen lediglich Einem Manne zuzutheilen seien. Un-
streitig kann der durch einen Vorgesetzten cerfolgenden Besetzung der
Stellen ınit Recht Manches entgegengelalten werden. Ein Mann vermag
den Zustand und die Bedürfnisse aller Wissenschaften unmöglich gleich gut
zu kennen; er hängt somit in Vielem völlig von fremdem Urtheile ab.
Dieses wird nun aber möglicherweise nicht an der rechten Quelle gesucht,
ist jeden Falles nicht durch Oeffentlichkeit und Verantwortlichkeit controlirt.
Selbst bei besten eigenem Willen kann gJaher ein einzelner Entscheidender
leicht irre geführt werden. Ist er aber gar selbst unfähig, verdorben oder
befangen, so wird es regelmässig schlecht gehen; geheimen Intriguen und
dem Favoritismus kanı Thür und Thor geöffnet sein. Dennoch hat diese
Einrichtung auch cutschiedene Vortheile. Hier ist eine Voraussicht, ein
Plan, cin Zusaminenbalten der Mittel denkbar; es steht Einer mit seiner
Ehre für einen gnten Zustand cin; dem rechtlichen und verständigen Manne
sind genägende Erkundigungen wohl möglich; alle Wirkungen des Neides, der
Mitwerbung, der Partei und Schule, des Nepotisnus fallen bei seiner Stellung
zur Sache und zu den Personen weg. Es bedarf freilich eines ganz tüch-