Beilage B.
Ueber die Errichtung eigener staatswissenschaftlicher Facultäten.
In dem Begriffe der deutschen Universität liegt schon an sich die Noth-
wendigkeit einer von Zeit zu Zeit eintretenden Ausdehnung. Die Univer-
sität ist nämlich dazu bestimmt, in allen Wissenschaften systematischen
und organischen Unterricht zu geben, wie ihn gründlich vorbereitete junge
Männer verstehen und bedürfen, und so, dass auf ihn kein weiterer höherer
Curs nıehr folgt. Die einzigen Ausnahmen bilden solche Wissenschaften,
deren Lehre entweder an eine eigentliümliche Oertlichkeit gebunden ist, oder
welche eine besondere Disciplin der Zöglinge erfordern, oder die endlich
in so seltenen Fällen getrieben werden und Anwendung finden, dass eine
Verwendung allgemeiner Staatsmittel zur Förderung eines ganz vereinzelten
Bedürfnisses nicht gerechtfertigt wäre. Es ist somit einleuchtend, dass jede
neu entstehende Wissenschaft von irgend allgeineinerer theoretischer oder
praktischer Bedeutung von der Universität berücksichtigt werden muss, sobald
sie den zum regelmässigen Unterrichte erforderlichen Grad der Consistenz
und Ausbildung erhalten hat. Oder ist diess nicht etwa so gefordert und
s0 gelialten worden bei den Naturwissenschaften, der orientalischen und der
modernen Philologie u. s. w.?
Dass zu den jetzt sowolıl scientivisch gehörig ausgebildeten, als praktisch
und theoretisch zum BDedürfniss gewordenen Disciplinen die Staatswissen-
schaften gehören, wird wohl von keiner Seite bestritten werden wollen.
Systematische Beschäftigung mit dem Staate ist zwar allerdings, sowohl vom
rechtlichen als vom politischen Standpunkte aus, von den ältesten Zeiten an
ein wesentlicher Tbeil der höheren Bildung gewesen. Diess beweisen Plato
und Aristoteles, Cicero, Macchiavel, Bodinus, Hugo Grotius, Hobbes und
Locke, Puffendorf, Wolf, Montesquieu, J. J. Moser und Pütter. Allein erst
seit zwei bis drei Menschenaltern haben alle Seiten des Staatslebens eine um-
fassende und, soweit unsere jetzigen Ideen gehen, richtige wissenschaftliche
Begründung gefunden. Auf der einen Seite nämlich wurde die geschicht-
liche Seite durch die Schaffung und Ausbildung der Statistik wesentlich
vervollständigt, und ist tberdiess die Geschichte in höherem politischem