Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

Die Volksschule. 15 
haben. Endlich aber bestehen noch die Wahlen zu ständischen Corpora- 
tionen, also für Abgeordnetenkammern der einzelnen Länder und für grosse 
Parlamente. — Nicht minder als der Gegenstand dieser verschiedenen Arten 
von Wahlen ist denn aber auch die Berechtigung zur Theilnahme an den- 
selben verschieden. Dieses active Wahlrecht ist zär Zeit noch nach ganz 
widersprechenden Grundsätzen geordnet, und man darf wohl sagen in einem 
chaotischen Zustande. Einmal nämlich sind die Wahlen bald mittelbare, 
bald unmittelbare. Im ersteren Falle werden die zu Ernennenden nicht 
son der Masse der Wahlberechtigten unmittelbar bezeichnet, sondern haben 
diese zunächst nur Wahlmänner aus ihrer Mitte za benennen, welche dann 
ihrerseits die eigentliche Wahl vornehmen. Im anderen Falle geht die 
Ernennung unmittelbar und gleich in letzter Instanz von der Gesammtmasse 
der Wahlberechtigten aus. Dieser Unterschied aber ist nicht etwa bloss 
von Land zu Land vorhanden, sondern er kommt auch wohl in demselben 
Staate vor, indem unmittelbare Wahlen für die Besetzung für Gemeinde- 
stellen, mittelbare dagegen für die Landesversammlung, vielleicht auch für 
die Bezirks- und Kreisbehörden vorgeschrieben sein können, oder mittel- 
bare Wahlen für die inläudische Abgeordnetenkammer, unmittelbare für ein 
Parlament bestehen. Zweitens aber besteht eine wesentliche Verschieden- 
heit darin, dass die active Wahlberechtigung an 'sehr abweichende Be- 
dingungen geknüpft ist, und zwar ebenfalls wieder nicht bloss verschieden 
nach Ländern, sondern auch nach den Wahlgattungen im einzelnen Staate. 
So ist schon die Berechtigung zur Theilnahme an Gemeindewahlen in sehr 
verschiedener Weise geordnet. Während diese Art von Wahlberechtigung 
in einigen Ländern eine weit ausgedehnte ist, so dass jeder ansässige und 
nicht etwa durch eine schwere Verurtheilung gebrandmarkte oder bis zur 
Bettelbaftigkeit verarmte Bürger an denselben Antheil zu nehmen befugt 
ist, wird anderwärts auf Vermögen und dadurch auf persönliches Interesse 
bei der Gemeindeverwaltung grosse Rücksicht genommen. Dann sind nicht 
nur Solche, welche wenig oder gar nichts besitzen, ausgeschlossen, sondern 
es sind wohl auch die zur Theilnahme an der Wahl Berechtigten in Steuer- 
klassen eingetheilt, deren höheren Stufen je relativ grösserer Einfluss auf 
das Ergebniss zufällt. Daneben kann dann in derselben Gemeinde ein ganz 
anderes System für die Wahlen der Geistlichen oder der Lehrer bestehen. 
Wie dies aber auch bestimmt sein mag, jeden Falles besteht kein nothwen- 
digerSchluss von dem activen Wahlrechte in der Gemeinde auf eine gleich- 
artige Berechtigung bei Wahlen höherer Ordnung; und zwar finden merk- 
würdigerweise die Abweichungen nicht blos nach Einer Richtung hin statt. 
Theilweise sind nämlich für die Berechtigung zur Theilnahme an den höheren 
und wichtigeren Wahlen schwere Bedingungen gesetzt; theilweise aber auch 
geringere. Allerdings sind ziemlich allgemeine grössere Bedingungen für
	        
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