378 Die verschiedenen Besetzungsarten
entschieden noch schädlicher weil ins Allgemeine gehend. Auch das Volk
kann seine Höflinge haben und von diesen durch Schmeicheleien, durch über-
triebenes Lob seiner Tugenden und seiner Einsicht, durch Belobung seiner
Schwächen und Fehler verdorben werden. Die Künste des Demagogen
sind nicht minder fein (wenn vielleicht auch in plumperem Gewande), als
die des Kammerherrn; seine Einwirkung auf den Machthabenden nicht
minder schlecht. Allerdings werden diese Kunstgriffe nicht bloss zu Gunsten
der Erschwindlung eines Amtes angewendet; sie mögen in grösseren und
wichtigeren Dingen noch weit mehr hervortreten: aber die Asmterwahlen
tragen doch das ihrige zu solcher Verdummung und Verhochmüthigung
redlich bei.
Und noch weit schlimmer stellen sich die Dinge da, wo aus irgend
einer Ursache überhaupt eine besondere Verderbniss der politischen Sitten
in einer Demokratie eingerissen ist. Hier kann die Besetzung der Aemter
durch unmittelbare Volkswahlen zu einem wahren Landschaden werden.
Wenn rohe Pöbelhaufen, geführt durch gewissenlose Schreier, die Sache in
die Hand nehmen; wenn eino schlechte Presse die ihr nicht anständigen
Kandidaten für öffentliche Aemter frech und lügenhaft durch den Koth
zieht, die Gesinnungen und das Privatleben derselben und ihrer Anbänger
schamlos verläumdet; wenn die gemeinsten Bestechungen und Anweisungen
auf Betrug an öffentlichen Geldern Wahlmittel geworden sind: dann ist die
unvermeidliche Folge, dass sich gebildete und ehrenhafte Männer nicht nur
von der Bewerbung um die Öffentlichen Aemter zurückziehen, sondern sich
selbst jeder Theilnahme an den Wahlen enthalten. Ist ces aber erst soweit
gekommen, so fällt die Besorgung oder vielmehr die Ausbeutung der Öffent-
lichen Geschäfte in die Hände des Gesindels, und es können Zustände daraus
entstehen, welche nur durch Gewaltstreiche wieder zu heilen sind. Diese
sind dann aber wieder an sich gefährlich und überdiess ungewiss im Erfolge.
Unter solchen Umständen ist es denn wohl kein Vorurtheil eines an
die Monarchie und ihre Einrichtungen Gewöhnten, wenn die Besetzung der
Staatsimter durch unmittelbare Volkswahlen nicht als ein Ideal betrachtet,
sondern vielmehr der Satz aufgestellt wird, dass in dieser Beziehung we-
nigstens die in einem einherrlichen Staate möglichen und üblichen Ein-
richtungen entschieden den Vorzug vor dem verdienen, was in der Demo-
kratie geschieht; doppelt und zehnfach dann, wenn diese in Verderbniss
verfallen ist.
Es ist allerdings oben bemerkt worden, dass die Acmterbesetzungen in
einer Demokratie nicht nothwendigerweise durch die Gesammtheit der Bürger
vorgenommen werden müssen, sondern auch durch Vertreter, sei es nun
durch eigens zu diesem Zwecke gewählte, sei es durch die überhaupt be-
stehende volksvertretende Versammlung, statthaben können. In der Wirk-