Volksfeste, 501
Versammlungen überhaupt zu verhindern wo sie unpassend erscheinen, und
könnte die Regierung somit dieses Recht‘ wenigstens dazu benützen, um
Volksfeste nur unter der Bedingung einer völligen Enthaltung von Politik
zu gestatten: allein es leuchtet ein, dass auf diese Weise nicht viel ge-
wonnen wird. Abgesehen davon, dass ein solches Bewilligungs- und Be-
dingungsrecht keineswegs in allen Staaten besteht, ist es auch gerade in
dem fraglichen Falle schwer zu handhaben. Eine plötzliche Unterbrechung
eines Volksfestes und eine Zerstreuung der zur Begehung desselben ver-
sammelten Menge ist eine Maassregel, zu welcher man sich sehr ungerne
entschliessen wird, und deren Durchführung vielleicht von den ernstesten
Folgen sein könnte. Auch darf nicht überschen werden, dass die Verhin-
derung des politischen Charakters der Feste zu gleicher Zeit auch die Be-
seitigung der nationalen Bedeutung derselben mit sich bringt, welche doch
als ein Vortheil zu erkennen ist. Es scheint somit kaum etwas Anderes
übrig zu bleiben, als die wünschenswerthe Mässigung und Verständigkeit
den Tonangebern aus dem Volke selbst zu überlassen und etwa auf diese
einzuwirken zu suchen, was denn freilich oft genug nicht gelingen wird.
Darüber kann natürlich kein Zweifel sein, dass die Veranstalter und Leiter
eines Festes sehr viel in dieser Beziehung thun können, namentlich durch
eine verständige Ordnung des Redewesens. Die nun hinreichend gemachte
Erfahrung von den nach allen Seiten hin schlechten Folgen einer Willkür
und Maasslosigkeit sollte in der That Jeden, welcher mit einem solchen
Unternebinen sich befasst, zu einer klaren Ansicht in das, was hier
noththut, bringen und zu dem festen Entschlusse, trotz Tadels und ver-
suchten Widerspruches die zur Verhinderung von Unfug beschlossenen
Maassregeln auch aufrecht zu erhalten. Es ist allmählig zur Ehrenpflicht
geworden, dem unwürdigen Scandalo ein Ende zu machen und namentlich
auch die urtheilslosere Klasse von Theilnehmern vor politischer Verkehrt-
heit zu bewahren.
Die civilisatorische Wirkung der Volksfeste äussert sich allerdings
zunächst auf die Klasse der Bevölkerung, von welcher hier zunächst ge-
sprochen wird, theils weil sie am stärksten bei denselben vertreten ist, theils
weil sie einem solchen unbestimmten und durch keine Kritik beschränkten
Einflusse am meisten offen steht. Besonderer Vorkehrungen zur Sicherung
und Verstärkung dieser wünschenswerthen Folge bedarf es jedoch nicht;
ihr Eintreten hängt wesentlich von der allgemein anständigen und vernünf-
tigen Anordnung ab. Was zu dieser beiträgt, Ausschweifungen und Roh-
beiten ferne hält, begünstigt auch die gelegentlich einer solchen Zusammen-
kunft zu gewinnende Bildung. Nur zwei Bemerkungen mögen gemacht
sein. Einmal ist klar, dass die soeben besprochene Verbesserung des eigent-
lich intellectuellen Theiles der Feste, nämlich der öffentlichen Ansprachen