Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

  
Die verbesserten Verkehrseinrichtı e 637 
mögensumsatzes und des Bestrebens nach schnellem und grossen Gewinne. 
So ist es denn in der That schwer einzusehen, was in manchen Gegenden 
aus den Bevölkerungen geworden wäre, wenn nicht eben rechtzeitig die 
Eisenbahnen ins Mittel getreten wären. Nicht nur gestatten sie den Bezug 
von Holz wenigstens aus etwas grösseren Entfernungen, sondern hauptsäch- 
lich ist durch sie der Steinkolilentransport in grossartigster Weise organi- 
sirt worden. Sie briugen dieses Brennmaterisl in immer steigenden Massen 
in Gegenden, welche früher vollkominen unbekamnt mit demselben waren 
und ohne dessen Aushülfe den Rest der Waldungen in ihrer Nähe hätten 
allmählig verbrauchen müssen. Hier ist also einem grossen socialen Be- 
dürfnisse glücklich abgeholfen, und der von den Eisenbahnen selbst ge- 
maclıte, allerdings beträchtliche, Holzaufwand kommt dagegen kaum in Be- 
tracht. — In gleicher Weise verhält es sich mit dem Getreide. Was in 
früherer Zeit Tbeucrung und Hungersnotli bedeuteten, weiss Jeder, und 
leider sind wir selbst noch in jüngster Zeit durch die entsetzlichen Zustände 
in einigen abgelegenen Ländern Europa’s und Asien’s daran wieder erin- 
nert worden. Gegen solches Unglück suchte man sich früher auf die ver- 
schiedensten, zum Theile kostspieligsten, zum Theile volkswirthschaftlich 
schädlichsten Mittel sicher zu stellen, ohne jedoch den Zweck erreichen zu 
können. Die mit grossen Kosten und unter kaum abwendbarem Unfug aller 
Art gehaltenen Vorrathsmagazine erzeigten sich bei einem grossen Mangel 
als durchaus ungenügende Hülfe. Einfuhrprämien und Ausfuhrverbote, 
Marktregelungen, Aufzeichnungen der Vorräthe und Nöthigungen zun 
Verkaufe machten das Uebel nur schlimmer, indem sie panischen 
Schrecken verbreiteten, die Verkäufer vom Markte vertrieben, so aber die 
Preise bis zum Unerschwinglichen steigerten. Beschränkungen des Ver- 
brauches, Vertheilung von Rationen an die Aermsten, Öffentliche Speise- 
anstalten waren ein Tropfen Wasser auf einen heissen Stein. Mit Anstren- 
gung aller Kräfte konnte man doch Theuerung und schliesslich Hungersnoth 
nicht beseitigen; Elend aller Art, ansteckende Krankheiten und wilde Aus- 
brüche der Verzweiflung giengen ihren Weg fort, bis endlich günstigere 
Erndten das Gleichgewicht zwischen Bedürfniss und Vorrath wieder her- 
stellten. Den in der Notlh körperlich oder wirtlischaftlich zu Grunde Ge- 
gangenen half Niemand nıchr. Ueber alle diese Noth sind wir itzt weg; 
die ganze Theuerungspolizei ist Antiquität geworden. Je weiter sich die 
Eisenbahnen ausdelinen, desto weniger brauchen wir Hungersnoth mehr 
zu fürchten. Die Ursachen eines Misswachses dehnen sich niemals über 
ganz Europa aus; jedenfalls nicht auch zu gleicher Zeit auf Amerika. Durch 
die Eisenbahnen (über den Ocean im Anschlusse an Dampfboote) können 
itzt selbst aus den entferutesten Gegenden die fehlenden Früchte herbei- 
geschafft werden, und zwar rechtzeitig und in dem den Bedürfnissen eut-
	        
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