Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

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Abschaffung der Todesstrafe. 
Wie? — hören wir manchen unserer Leser mit Verwunderung und 
Abscheu ausrufen — selbst die Beibehaltung des juristischen Mordes soll 
vertheidigt, die Beseitigung desselben als eine der im Schwange gehenden 
Modethorheiten bezeichnet werden? Hat denn der Manı nie gehört, dass 
die Todesstrafe ein nicht schnell genug zu beseitigender Rest von Barbarei 
ist? Ist es nicht zu seiner Kenntniss gekommen, dass die Todesstrafe den 
allgemeinen Forderungen nicht entspricht, welche an die Wahl der Straf- 
mittel gestellt werden müssen, indem ihre häufige Vollstreckung das Volk 
roh, blutdürstig und rachelustig macht, sie nicht theilbar ist und also keine 
Berücksichtigung der Schuldunterschiede zulässt, sie sich nicht auf die 
Person des Bestraften beschränkt sondern auch seine Familie wirtbschaft- 
lich und sittlich schädigt, sie namentlich aber im Falle eines Irrthumes nicht 
wieder gutgemachıt werden kann? Weiss er nicht, dass cs keine Forderung 
der Gerechtigkeit ist, einem Menschen das Leben zu nehmen, weil Jiess 
entweder nur rohe Wicdervergeltung aber keine vernünftige Strafe ist, 
oder dem christlichen Gedanken ciner allmächtigen Gnade widerspricht und 
auf der unsinnigen Annahme einer unlösbaren Verstocktheit beruht? Dass 
die Todesstrafe keine richtige und wahre Genugthuung gewährt, trotz des 
blutdürstigen Gesclreies der Menge, welchem der Gesetzgeber nicht blind 
folgen darf, sondern diese nur in einem ruhigen und maassvollen Vollzuge 
einer Strafe zu finden ist, überdiess zu hoffen steht, dass das Volk durch 
Abschaffung der Todosstrafe veredelt und gemildert werden und in einer 
milderen Strafe eine ediere und reinere Genugthuung finden wird? Dass 
der Besserungszweck der Strafe hier ganz verläugnct ist, überdiess man 
sich der Alternative nicht entziehen kann, dass entweder der Verbrecher 
Reue empfindet, wo dann die Gesellschaft keiner Todesstrafe bedarf, oder 
verstockt bleibt, in welchem Falle ein Mensch nicht zum Tode geführt 
werden darf, dem es durchweg an dem Bewusstsein der Schuld fehlt? Ob 
er denn wirklich glaubt, dass die durch eine Hinrichtung allerdings beab-