Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

Die Volksschule. 87 
bildung die Geisteskräfte entwickelt und im bürgerlichen Leben und im 
Gewerbe zur Wirkung gebracht hat. 
Endlich noch ist es ein wesentliches Mittel zur Stärkung der Stellung 
des Staates in einem Kampfe mit der Geistlichkeit um die Volksschule, 
wenn die Regierung das Unternehmen nicht bis an die Aussersten Gränzen 
ihrer constitutionellen Befugnisse allein in die Hände nimmt, sondern in 
beständigem Einklange mit der Volksvertretung vorgeht. Diess ist natür- 
lich in manchen Beziehungen ohnedem nothwendig, wo es sich nämlich von 
neuen Ausgaben und von der Begründung neuer Rechtsverhältnisse handelt; 
— allein es mag auch noch in anderen Richtungen und freiwillig gesche- 
hen. Es ist nämlich gar wohl möglich, zwar den Kreis der verfassungs- 
mässigen Rechte des Staates formell vollständig zu wahren und keine nach- 
theiligen Vorgänge für andere Fälle zu begründen, aber doch den Schwer- 
punkt der Vorberatbungen über die Principien, sowie die Entscheidung 
über die Ausdehnung und den Zeitpunkt des Anzustrebenden in den Stände- 
saal zu verlegen. Durch Veranstaltung einer zur Aufklärung und Benützung 
der Stände bestimmten guten Enquöte über die bestehenden Zustände und 
die daran sich knüpfenden Verbesserungswünsche, durch eine geschickte 
und vertrauensvolle Motivirung der Anträge und Gesetzesentwürfe, durch 
ein freundliches Entgegenkommen bei den Berathungen in Ausschüssen 
oder in vollen Versammlungen mag bei der Volksvertretung ein williges 
und ausgedehntes Eingehen in die ganze Frage hervorgerufen, dieselbe znr 
eigenen Angelegenheit derselben gemacht werden. Hierdurch aber erhält 
die Regierung einen mächtigen stofflichen Rückhalt und eine grosse mora- 
lische Kräftigung. Ueberdiess ist es eine bedeutende Hülfe für die Durch- 
führung, wenn die öffentlichen Berathungen und die Zustimmungen lange 
bewährter und allgemein geachteter Volksvertreter durch die Berichte der 
öffentlichen Blätter in alle Hütten des l,andes getragen werden, damit aber 
die Leberzeugung Platz greifen muss, dass nicht etwa IHerrschsucht, ver- 
kehrte J.iebhaberei oder Mangel an l’römmigkeit von Seiten der Regierung 
die Beweggründe zu den von der Geistlichkeit itzt angefochtenen Maass- 
regeln waren, sondern dieselbe auch ‚die volle Zustimmung der eigenen 
Vertreter des Volkes hatten, vielleicht von diesen selbst theilweise hervor- 
gerufen wurden. Die Regierung aber wird bei einem solchen gemeinschaft- 
lichen Handeln mit den Ständen nimmermehr für ihre Plane ctwas zu 
besorgen haben, da in einer Versammlung politischer Männer eine Knech- 
tung der Schule durch die Kirche und eine verküinmerte oder verfälschte 
Volksbildung unmöglich Vertheidiger finden kann. Eher wird man von 
Seiten der Regierung in dem Falle sein, gar zu weit gehenden Anträgen 
auf Verbesserungen der Schulen und der l,ehrerverbältnisse oder auch Zu- 
rücksetzung der Kirche bei der Erziehung zurückzuweisen. Freilich ist