Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 11. Polizeiverfügungen. 99 
Daran kann auch für das Gebiet der Reichs-Telegraphie und -Telephonie 
nur festgehalten werden. Diese wie die Reichspost sind öffentliche Verkehrs- 
anstalten und genießen als solche, wie demnächst darzutun ist, in gewissem 
Umfange unzweifelhaft polizeilichen Schutz. Sie sind aber keine polizeiliche 
Anstalten und am wenigsten bilden ihre Rechtsverhältnisse, soweit sie unter 
den Gesichtspunkt des Regals und dessen Grenzen gegenüber konkurrierenden 
Privatunternehmungen fallen, einen Gegenstand der öffentlichen, polizeilichen 
Ordnung. Weder nach allgemeinen Rechtsnormen noch nach Spezialgesetzen 
sind die Polizeibehörden zuständig, darüber auch nur interimistisch zu ent- 
scheiden, ob eine Reichs-Telegraphen-Regal besteht, ob es sich auf die Tele- 
phonic erstreckt, und wie weit, wenn dies der Fall, private Verkehrsanstalten 
gleicher Art daneben rechtlich bestehen können.“ (Das OVG. weist ferner darauf 
hin, daß ein Schutz der Reichsfernsprechanstalt zwar nach §8§ 317, 318 St G. 
in Frage käme, daß aber im vorliegenden Falle keine Störung oder Gefähr- 
dung derselben erfolgt sei.) 
In Bd. 54 S. 273 weist das OV. jedoch ausdrücklich darauf 
hin, daß die allgemeinen Befugnisse der Polizeibehörde, auch 
zum Schutze der Reichstelegraphen= und Fernsprechanlagen aus § 10 
II 17 ALR. einzuschreiten, gegeben seien und insbesondere nicht durch 
das Telegraphenwegegesetz v. 18. Dezember 1899 berührt würden. 
Es weist ferner darauf hin, daß hierbei neben dem Schutze der An- 
lagen selbst, d. h. dem Schutze für deren Bestand und für Leben und 
Gesundheit des Bedienungspersonals, auch der Schutz für die Sicher- 
heit Dritter, die nicht zu diesem Personal gehören, z. B. derjenigen, 
welche die Fernsprechanlagen benutzen, und der Schutz gegen die durch 
Kurzschlüsse u. dgl. etwa begründete Feuersgefahr in Betracht komme. 
d) Abwendung von Gefahren, die dem Publikum oder ein- 
zelnen Mitgliedern desselben drohen. 
Unter „Gefahren“ versteht das ALR. einen Zustand, in welchem 
der Eintritt eines Schadens befürchtet wird. „Schade heißt jede 
Verschlimmerung des Zustandes eines Menschen, in Ansehung seines 
Körpers, seiner Freiheit oder Ehre oder seines Vermögens.“ (81 16 
A##) Dieser Begriff ist nach herrschender Ansicht zu eng, daher exten- 
siv auszulegen, insbesondere kommt auch die öffentliche Sittlichkeit 
dazu, die aber auch unter die „öffentliche Ordnung“ fällt. 
So kann z. B. die Polizei dem Treiben der Zuhälter mit allen 
zulässigen Maßnahmen entgegentreten und diesen bestimmte Hand- 
lungen unter Androhung von Zwangsmaßregeln nach § 132 LV. 
untersagen, z. B. den Aufenthalt bei Dirnen zu den Nachtstunden; 
nicht aber darf sie einem Vermieter die Aufnahme von Dirnen zur 
Beherbergung verbieten, weil das bloße Wohnen eine an sich erlaubte 
Handlung ist, die an sich nicht gegen §180 St GB. verstößt. 
Auch kann die Polizei nicht verhindern, daß der einzelne sich 
selbst Gefahren aussetzt, sonst könnte auch dem einzelnen übermäßiges 
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