Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 11. Polizeiverfügungen. 117 
eines die Schiffahrt gefährdenden Wrackes; auch konkludente Hand- 
lungen können polizeiliche Gebote enthalten, z. B. die „passive Assi- 
stenz“ eines Polizeibeamten, welcher in der Wohnung des Ehemannes 
erscheint, um die Wegschaffung von Sachen der Ehefrau aus der 
Wohnung des Mannes zu ermöglichen: 
„Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß unter den dargestellten Um- 
ständen in der von dem Polizeibeamten gewährten sogenannten „passipen 
Assistenz“ eine an die Dienerschaft des Klägers (Ehemanns) und damit auch an 
ihn selbst gerichtete Anordnung liegt, den Aufenthalt des genannten Beamten 
in der Wohnung zum Zwecke der Sicherung des Auszugs der Ehefrau unter 
Mitnahme der Koffer bzw. den Auszug selbst mit dieser Maßnahme zu dulden 
und sich jeder Handlung zu enthalten, welche diesem Unternehmen ein 
Hindernis bereiten konnte. Diese Anordnung ist eine polizeiliche Verfügung, 
und sie verliert den Charakter einer solchen auch nicht, wenn der Vorsteher des 
Polizeireviers, der übrigens vorher durch den Beklagten (Polizeipräsidenten) 
verständigt war, aus eigener Entschließung gehandelt haben sollte; denn die 
Polizeibehörde hat das Verfahren ihres Organes nicht gemißbilligt, und es 
ist daher so zu beurteilen, wie wenn es von ihr selbst veranlaßt wäre.“ 
(OVG. 58 S. 265).1) 
2. Verbote, z. B. das Verbot der Verteilung von Druchchriften, 
der Aufführung von Theaterstücken, des Tragens von Waffen, eines 
die öffentliche Sittlichkeit gefährdenden Konkubinates. Auch die Stel— 
lung unter Polizeiaufsicht und gleichzeitige Beschränkung der Freiheit 
der Wahl des Aufenthaltsortes gehört hierher, obwohl sie gleichzeitig 
die Vollstreckung der durch das strafrichterliche Urteil verhängten 
Nebenstrafe ist: 
„Von der Strafvollstreckung handelt der erste Abschnitt des siebenten 
Buches der Strafprozeßordnung; Einwendungen gegen die Zulässigkeit einer 
Strafvollstreckung unterliegen nach § 490 das. der Entscheidung des ordent- 
lichen Gerichts. Ob hernach die Verfügung der Landespolizei, durch welche 
die Stellung unter Polizeiaussicht und eine Aufenthatsbeschränkung ange- 
ordnet wird, nur mittels Beschwerde bei den Gerichten angefochten werden 
kann, ist in der Literatur bestritten (vgl. Olshausen, Kommentar zum 
Strafgesetzbuch, 8. Aufl., Bd. 1 S. 130, Anm. 14). Die Frage ist aber aus 
folgenden Gründen zu verneinen. Die Strafprozeßordnung bezeichnet im 
siebenten Buche als Organe der Strafvollstreckung die Staatsanwaltschaft und 
— kraft Anordnung der Landesjustizverwaltung — den Amtsrichter; sie regelt 
die Strafvollstreckung nur im Rahmen der Zuständigkeit der Justizbehörden. 
Wird daher in dem von der Strafvollstreckung handelnden Abschnitte von der 
Landespolizei als einem Organe der Vollstreckung nicht gesprochen, so ist auch 
für die Anwendung der Vorschrift des § 490 in denjenigen Fällen kein Raum, 
1) Das OV. führt weiter aus, daß es nicht Aufgabe der Polizeibehörde sei, 
derartige Privatrechtsstreitigkeiten zu regeln, mithin die Polizeiverfügung der tat- 
sächlichen und rechtlichen Grundlagen entbehre. Ein Eindringen in die Wohnung kam 
nach Art. 9 der Preuß. Verf.-Urk. und §7 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen 
Freiheit v. 12. Februar 1850 nicht in Frage; ebenso nicht § 10 II 17 A., da keine 
„Freiheitsberaubung“ vorlag und die Zurückhaltung der Sachen der Frau weder eine 
Eler Hondlung darstellt, noch mit den Interessen der öffentlichen Ordnung unver- 
träglich ist
	        
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