8 12. Rechtsmittel gegen Polizeiverfügungen. 129
„Aber auch bei überall und vollkommen unstreitigem Sachverhalt ist
eine Begründung der Klage gemäß jener Bestimmung (d. h. § 127 Abs. 2
Ziff. 2) an sich möglich — und zwar in der Art, daß der Angriff gegen die in
den dortigen Schlußworten besonders betonte Berechtigung der Behörde
gerichtet wird. In letzterer Beziehung kommt freilich noch keinesfalls überall
da diese Berechtigung in Frage, wo nur überhaupt der Vorwurf erhoben wird,
die Behörde habe von dem ihr zustehenden freien Ermessen einen unver-
hältnismäßig zu weit reichenden, den Umständen nicht entsprechenden Ge-
brauch gemacht und dadurch das Interesse des Beteiligten verletzt. Eine
solchergestalt unbeschränkte Prüfung findet lediglich im Beschwerdewege statt.
Erst dann handelt es sich um die „Berechtigung“ und ist nach dieser Richtung
hin auch im Verwaltungsstreitverfahren ein Angriff möglich, wenn be-
hauptet wird, die Verfügung überschreite die äußersten, jenem Ermessen
gezogenen Grenzen; sie beruhe überhaupt nicht sowohl auf objektiven poli-
zeilichen Motiven, als vielmehr auf Willkür und sonstiger Pflichtwidrigkeit
der Behörde.“ (OVG. 2 S. 393).
Dies ist z. B. der Fall, wenn die Polizei die einem Schankwirt
einmal erteilte Verlängerung der Polizeistunde ohne jeden Grund
wieder zurücknimmt. Wenn eine Ausnahme von der regelmäßigen
Polizeistunde bewilligt ist, darf die Zurücknahme nur dann erfolgen,
wenn sie durch erkennbare objektive polizeiliche Gründe
gerechtfertigt wird. Ein solcher Grund liegt z. B. vor, wenn der
Gastwirt ohne die nach einer Polizeiverordnung für die Veranstaltung
öffentlicher Tanzlustbarkeiten vorgeschriebene Genehmigung der Orts-
polizeibehörde eine von einem Klub veranstaltete Tanzlustbarkeit dul-
det, die als öffentliche Tanzlustbarkeit anzusehen ist (OVG. im
Pr VerwBl. 26 S. 307). Wenn es auch auf eine unrichtigerecht-
liche Begründung einer polizeilichen Verfügung nicht ankommt,, sofern
diese sonst im objektiven Recht begründet ist, so kann doch der Mangel
der tatsächlichen Unterlagen durch das Einschalten zutreffender
rechtlicher Gründe nicht ersetzt werden. In solchen Fällen fehlt es
an den tatsächlichen Voraussetzungen für den Erlaß einer Polizei-
verfügung (O. 58 S. 382).
Gegen eine Verletzung der öffentlichen gewerblichen Ordnung
kann nur dann mit polizeilichen Verfügungen vorgegangen werden,
wenn zur Zeit des Ergehens der fraglichen Verfügung eine solche
Verletzung bereits vorliegt oder zum mindesten unmittelbar bevorsteht.
Trifft dies nicht zu, so sind die tatsächlichen Voraussetzungen nicht
vorhanden, welche die Polizeibehörde zu einem Einschreiten berechtigen
würden (OV. 58 S. 383).
Dagegen kann nur im Beschwerdewege nachgeprüft werden, wenn
lediglich der Vorwurf erhoben wird, die Behörde habe von dem ihr
zustehenden Ermessen einen verhältnismäßig zu weit reichenden, den
Umständen nicht entsprechenden Gebrauch gemacht und dadurch das
Interesse der Beteiligten verletzt. Die Notwendigkeit und Zweck-
mäßigkeit einer polizeilichen Verfügung nachzuprüfen ist nicht Sache
Mohn, Verwaltungsrecht. (Praktischer Teil.)