§ 12. Rechtsmittel gegen Polizeiverfügungen. 133
Zustand erwachsen, auf dessen Fortdauer kein Recht besteht, sind nicht „be-
sondere Rechte und Vorteile“ (vgl. RG. in Gruchots Beitr. 26, 714; 29, 680).
Sonach ist z. B. der Staat den Anliegern eines öffentlichen
Stromes nicht ersatzpflichtig, wenn deren Grundstücke durch die Ver-
sumpfung und Verlandung des bisherigen Flußbettes infolge eines
vom Staate veranlaßten Durchstiches entwertet werden. Denn aus
der Tatsache, daß jemand Eigentümer des Flußufers ist, auf dem
sich ein Schloß nebst Park befindet, folgt nicht, daß dem Eigentümer
ein wohlerworbenes Privatrecht auf fortdauerndes Vorüberfließen
des Stromes zusteht. „Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichs-
gerichtes beruht der Genuß der Vorteile, die den Uferbesitzern da-
raus erwachsen, daß ihre Grundstücke an einem öffentlichen Flusse
liegen, lediglich auf der gesetzlichen Bestimmung der öffentlichen
Flüsse zum allgemeinen Gebrauch als Wasserverkehrsstraßen und
Wasserbehälter, und begründet die Tatsache des Uferbesitzes für sich
allein überhaupt kein Privatrecht an dem vorüberfließenden Strome“
(RG. bei Gruchot 56 S. 1118).
d) Anwendungsfälle. 8§ 74/75 beziehen sich hauptsächlich auf
solche Fälle, in denen die Verwaltung in Ausübung der öffent-
lichen Gewalt tätig wird. Es genügt, wenn durch eine von der zu-
ständigen Stelle im Interesse der Allgemeinheit getroffene Maßnahme
dem einzelnen ein Rechtsopfer tatsächlich zugemutet wird, ein wissent-
licher Eingriff in fremde Rechte ist nicht erforderlich (RG. bei Gruchot
56 S. 1123 und RG. 79 S. 433/34).
e) Einschränkungen. Die 88§ 74/75 sind eingeschränkt durch
1. §§ 1, 2 1 22 ALR.
Diese lauten:
§ 1. Den gesetzlichen Einschränkungen des Eigentums ist ein
jeder Grundbesitzer sich zu unterwerfen verbunden.
§ 2. Für Einschränkungen und Belastungen dieser Art kann kein
Grundbesitzer eine im Gesetze ihm nicht ausdrücklich vorbehaltene
Entschädigung fordern.
2. Die Kab.-Order vom 4. Dezember 1831 (abgedruckt bei Fischer-
Schrveder, Preuß. Bürgerl. Gesetzsammlung, Berlin 1902, Guttentag,
2. Bd. S. 174—77). Sie bestimmt in Auslegung der 88 74/75, daß keine
Entschädigung bei Gefährdung des „Privatwassers“ durch Ausübung von
Hoheitsrechten zu leisten ist, daß dies vielmehr nur dann der Fall sein solle:
„wenn das Interesse der Gesamtheit der Einwohner des
Staates eine Einrichtung in der Verwaltung erfordert,
die das Privateigentum des einzelnen gefährdet.“
Nach Anschütz (preuß. Verf.-Urk. 1I S. 175—76) sind „Einrichtungen
der Verwaltung“ nicht identisch mit den „Verwaltungsakten“ im