Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

136 Allgemeiner Teil. 
Verhältnisses besteht (RG. 73 S. 203 und 70 S. 77). Nicht aber 
dann, wenn die Polizei den Hauseigentümern den Anschluß ihrer 
Grundstücke an einen städtischen Kanal gebietet: hier nimmt die 
Polizei nicht private, sondern öffentliche Interessen wahr, da 
es ein öffentliches Interesse gebietet, daß jeder Hauseigentümer 
seine Abwässer in den städtischen öffentlichen Kanal abführe, weil 
diese im allgemeinen gesundheitlichen Interesse nicht auf dem Grund- 
stück verbleiben und dort versickern können. Es handelt sich also um 
die Herstellung eines polizeimäßigen Zustandes (RG. 73 S. 204/5). 
Dagegen gehört zu den „wohlerworbenen Rechten“ an sich auch 
ein genehmigter, eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb. Auch 
der Betrieb der Post gehört hierzu. Hierbei ist nach RG. 73 S. 270ff. 
zu beachten, daß, soweit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes 
Rechte Dritter bestehen, deren unbeschränkte Verfolgung gegen die 
Reichspostverwaltung deren Tätigkeit lahm legen oder erheblich be- 
einträchtigen würde, die Geltendmachung solcher Rechte unzulässig 
ist und der Berechtigte sich nach §§ 74/75 mit einer Entschädigung 
für die ihm auferlegte Aufopferung seiner Rechte begnügen muß. Denn 
das im Postbetrieb liegende gewerbliche Unternehmen des Reiches 
unterscheidet sich von den sonstigen gewerblichen Unternehmungen des 
bürgerlichen Verkehrs dadurch, daß es nicht gleich diesen ausschließlich 
auf Vermögenserwerb gerichtet ist, sondern in erster Linie dem Ge- 
meinwohl, dessen Pflege zu den obersten staatlichen Aufgaben gehört, 
dienen will, wie es denn auch weder der Gewerbeordnung (85) noch 
dem Handelsgesetzbuche (§ 452) untersteht. 
g8) Ausschluß der Ersatzpflicht. Wenn aber die Polizeiver- 
fügung im Einzelfalle nur eine Beschränkung des Privateigen- 
tums geltend macht, die sich aus dem Rechte der Nachbarn und aus 
Gründen des allgemeinen Wohles (besser wohl „Sicherheit“) ergibt 
(ALR. 10 II 17), so trifft sie nur Bestimmungen über die Art und 
Weise, wie das Eigentum im Interesse der Nachbarn und des all- 
gemeinen Wohles zu benutzen ist. Hier gibt es keinen Entschädigungs- 
anspruch, z. B. RG. 72 S. 90, 73 S. 203 ff. z. B.: die Polizei unter- 
sagt einem Kaliabbauberechtigten durch Polizeiverfügung den Abbau 
der Kalisalze durch Auslaugen der Lagerstätte, weil durch das Aus- 
beuten auf nassem Wege das eingeführte Wasser die Nachbarwerke 
bedroht und dort Leben und Gesundheit der Bergleute gefährdet, oder 
sie verbietet die Benutzung des Wassers zum Sprengen der Gärten bei 
großer Hitze, weil sonst Wassermangel eintreten würde. 
Anders ist es bei Eingreifen der Gesetzgebung, wenn 
hierdurch wohlerworbene Privatrechte zugunsten des Staates oder 
auch anderer Personen verletzt werden. Dann ist Entschädigung nur 
zu leisten, wenn das Gesetz es vorschreibt. In Preußen wird nur
	        
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