Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 14. Das Verwaltungsstreitverfahren. 147 
nicht getroffen. Die Zulässigkeit des Vergleichs ist aber in der Rechtsprechung 
anerkannt (vgl. die Abhandlung von Schultzenstein im Pr Verw Bl. Jahr- 
gang 24 S. 370 ff.). Eins muß indessen, wie in dieser Abhandlung über- 
zeugend dargelegt worden ist, behauptet werden: Es gibt keine Beendigung 
des Verwaltungsstreitverfahrens durch Vergleich; der Vergleich hat im Ver- 
waltungsstreitverfahren stets bloß sachliche Bedeutung für das zu erlassende 
Urteil, kann aber nicht das Urteil entbehrlich machen und noch weniger 
ersetzen. Nur dann könnte durch Vergleich ein prozessuales Verfahren, zu 
dessen Wesen die Vollstreckbarkeit der ergehenden Entscheidungen notwendig 
gehört, beendet werden, wenn der abgeschlossene Vergleich die Grundlage 
einer Zwangsvollstreckung zu sein vermöchte. Das ist jedoch nach dem LV. 
nicht der Fall; denn der § 60 daselbst kennt eine Vollstreckung nur bei Ent- 
scheidungen (Urteilen) und Beschlüssen der Behörde. Ein Vergleich bleibt 
daher, verschieden von den Vergleichen im Zivilprozeßverfahren, deren Voll- 
streckbarkeit ausdrücklich vom Gesetz anerkannt worden ist (vgl. § 794 Nr. 1 
und 2 3P0.), ein Parteiakt, der keine den Rechtsstreit beendende Wirkung 
hat und sonstige Wirkung erst durch das Urteil erlangen kann. Diesem Rechts- 
zustand entsprach es, wenn in den schwebenden Streitsachen das Verwaltungs- 
streitverfahren vom Bezirksausschusse wieder ausgenommen worden ist. Das 
mußte geschehen, wenn nicht von Amts wegen, so doch jedenfalls, sobald auch 
nur eine Partei hierauf antrug.“ (OVG. 54 S. 89/90). 
Und über das Anerkenntnis: 
„Während im Zivilprozesse grundsätzlich die Verhandlungsmaxime Gel- 
tung hat, wird der Verwaltungsprozeß von der Untersuchungsmaxime be- 
herrscht (Schultzenstein, Die Untersuchungs= und die Verhandlungs- 
maxime in Vergleichung nach den einzelnen Prozeßarten, S. 37 ff.). Deshalb 
haben in ihm die Parteien keine freie Verfügung über den Prozeßgegenstand, 
weder allgemein noch auch nur dann, wenn der Rechtsstreit lediglich die Zah- 
lung von Geld zum Gegenstand hat. Wie für den Vergleich anerkannt ist 
(OVG. 54 S. 87), so hat auch das dem Vergleiche verwandte Anerkennt- 
nis eines Anspruchs eine ganz andere, weit geringere Wirksamkeit als im 
Zivilprozesse nach dem §307 ZPO. Es kann stets nur eine Unterlage für 
die vom Verwaltungsrichter gemäß den Rechten und Pflichten, die er nach 
der Untersuchungsmaxime hat, zu treffende sachliche Entscheidung bilden. 
Dies gilt, obgleich nach den Regulativen zur Ordnung des Geschäftsganges 
und des Verfahrens bei den Bezirksausschüssen und bei den Kreisausschüssen 
vom 28. Februar 1884, § 12b, durch Aufnahme in das Protokoll über die 
mündliche Verhandlung festzustellen sind: Anerkenntnisse, durch welche der 
geltend gemachte Anspruch ganz oder teilweise erledigt wird, und nach dem 
Kostentarife vom 27. Juli 1884 Nr. II die Pauschquanten auf die Hälfte er- 
mäßigt werden, wenn die Entscheidung auf Anerkenntnis erfolgt; denn damit 
hat dem Anerkenntnis eine Wirkung, die ihm nach dem Gesetze nicht zukommt, 
nicht beigelegt werden sollen und ist ihm nicht beigelegt worden, namentlich 
nicht die, daß es dem Verwaltungsrichter die ihm nach dem Gesetze ob- 
liegende sachliche Entscheidung ganz oder teilweise entzieht.“ (OVG. 69 
S. 449/450). 
Nur soweit es sich um reine Vermögensrechte handelt, wozu auch 
öffentliche Abgaben gehören, wird eine Verfügungsbefugnis der Par- 
teien anzuerkennen sein. Die privatrechtliche Natur eines derartigen 
Vergleiches wird in solchen Fällen dadurch nicht beeinträchtigt, daß 
er bestimmt ist, einen Verwaltungsstreit zu erledigen (RG3Z. 77 
10“
	        
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