Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 14. Das Verwaltungsstreitverfahren. 165 
Gegen diese Ansicht hat sich mit sehr beachtenswerten und durch- 
schlagenden Gründen Schultzenstein in der JW. 46 S. 257 ff., 
327 ff., 433 ff. gewandt. Schultzenstein geht davon aus, daß das „Nicht- 
vorhandensein der tatsächlichen Voraussetzungen“ nichts anderes ist 
als eine sich von selbst verstehende, jedoch der größeren Klarheit wegen 
besonders herausgehobene Art des vorangestellten wichtigen Grundes: 
der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung des bestehenden 
Rechtes, denn jede polizeiliche Verfügung könne, wenn sie ohne die 
erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen ergangen sei, eben des- 
wegen auch gegen das bestehende Recht verstoßen. Für letzteres treffe 
aber den Kläger deshalb nicht die Beweislast, weil es sich um eine 
Rechtsfrage handele, worüber das VG. allein zu befinden habe. 
Schultzenstein weist sodann weiter darauf hin, daß die Polizeibehörde 
zur Begründung ihrer Verfügung überhaupt nicht verpflichtet sei und 
daß in solchem Falle wegen der herrschenden Untersuchungsmaxime 
der Verwaltungsrichter verpflichtet sei, auch an der Hand der tat- 
sächlichen Unterlagen zu prüfen, ob die Polizeiverfügung gerechtfertigt 
sei. Hiernach bestehe das befremdende Ergebnis, daß an der vom 
OVG. aufgestellten Beweislast des Klägers nicht festgehalten werden 
könne, sobald die Polizeibehörde mit der Angabe der tatsächlichen 
Voraussetzungen ihrer Verfügung zurückhalte. Weiterhin weist Schult- 
zenstein darauf hin, daß auch der Wortlaut des § 127 Abs. 3 und 4 
„kann nuur. gzestützt werden“ lediglich bedeute, daß eine 
Klage, die sich nicht in dieser Weise stützen lasse, erfolglos sei. 
Es sei zwar praktisch richtig, die Polizeibehörde vor der Anfechtung 
ihrer Verfügungen zu schützen, indem deren tatsächliche Voraussetzungen 
bis zum Gegenbeweise als richtig unterstellt würden, jedoch habe eine 
derartige Absicht im Gesetze keinen Ausdruck gefunden. 
Ferner könne auch aus der Stellung des Klägers gegenüber 
der beklagten Polizeibehörde kein Argument für die Ansicht des 
OVG. hergeleitet werden, weil bei Klagen gegen polizeiliche Verfü- 
gungen der Kläger gerade derjenige sei, welcher nicht angreife, 
sondern vielmehr e inen Angriff von sich abwehre. Schließlich be- 
merkt Schultzenstein, daß es gerade vermöge der im Verwaltungsprozesse 
herrschenden Untersuchungsmaxime Aufgabe des Verwaltungsrichters 
sei, nicht nur das maßgebende objektive Recht zu erforschen, sondern 
auch selbst den Sachverhalt festzustellen. Diesen Ausführungen Schull- 
zensteins wird man im vollen Umfange beitreten müssen. 
Bei Klage auf Zahlung oder Rückzahlung von Steuern legt das 
OV. zunächst dem die Steuer Fordernden die Beweislast dafür auf, 
daß die vom Herangezogenen bestrittene Steuerpflicht besteht (OVG. 
27 S. 45). Dagegen hat der Steuerpflichtige zu beweisen, daß und 
warum er zu einer geringeren Steuer heranzuziehen sei:
	        
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