Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

8 14. Das Verwaltungsstreitverfahren. 183 
b) Ist die Frist versäumt, so ist die Berufung ohne weiteres 
durch einen mit Gründen versehenen Bescheid zurückzuweisen, in wel- 
chem dem Berufungskläger zu eröffnen ist, daß ihm innerhalb 2 Wochen 
von der Zustellung ab die Beschwerde an das Berufungsgericht zu- 
stehe, widrigenfalls es bei dem Bescheide verbleibe (8 86 Abf. 4)1). 
5. Anschlußberufung (8 87). 
Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen, selbst 
wenn die Berufungsfrist verstrichen ist. Die Anschlußberufung kann 
bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung in der Berufungs- 
instanz eingelegt werden: 
„Das Anschließungsrecht . findet sowohl nach dem gemeinen als 
nach dem jetzt geltenden Zivilprozesse darin seine Begründung, daß von der 
Einlegung eines Rechtsmittels in der Erwartung, der Gegner werde sich 
ebenfalls bei dem ergangenen Erkenntnisse beruhigen, oft kein Gebrauch ge- 
macht wird, und daß deshalb, wenn diese Erwartung getäuscht wird, die nach- 
trägliche Zulassung des Rechtsmittels der Billigkeit entspricht (vgl.: Motive 
zu § 482 der Z PO.). Diese Rechtswohltat kann aber der betreffenden Partei 
nur im Laufe der Instruktion des Rechtsmittels zustatten kommen; zögert 
sie bis zum nächsten Endurteil, so ist das gedachte Reurecht definitiv er- 
loschen. Mit dieser Auffassung stimmt es überein, daß in dem über das Ver- 
waltungsgerichtsgesetz erstatteten Bericht der Kommission der Termin 
zur mündlichen Verhandlung als äußerster Zeitpunkt bezeichnet wird, bis 
zu welchem sich der Berufungsbeklagte der Berufung anschließen könne. Da 
die Anschließung an ein Rechtsmittel nichts anderes ist, als die ausnahms- 
weise gestattete Einlegung des Rechtsmittels nach Ablauf der gesetzlichen. 
Frist, so kann eine Partei durch die Anschließung nicht mehr Rechte erlangen, 
als wenn sie von vornherein innerhalb der gesetzlichen Frist das Rechtsmittel 
eingelegt hätte.“ (OV. 8 S. 156/57). 
Eine bestimmte Form ist für die Anschlußberufung nicht vor- 
geschrieben, weshalb jede an das Gericht gerichtete Erklärung ge- 
nügt, aus welcher die Absicht des Anschlusses zu entnehmen ist (OV. 
25 S. 213). 
Die Anschlußberufung wird unwirksam, wenn die Berufung 
zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird: 
„ .. Ergibt sich nun aber aus dem Begriff und Wesen der Anschließung 
notwendig deren Abhängigkeit von dem gegnerischen Rechtsmittel, so muß die- 
selbe unwirksam werden, sobald das fristzeitig eingelegte Rechtsmittel selbst 
als ihre Voraussetzung wegfällt. Dieser Grundsatz, welchen die Deutsche 
Zivilprozeßordnung in § 4832) mit den Worten: 
„Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zu- 
rückgenommen oder als unzulässig verworfen wird“ 
zum Ausdrucke bringt, ist von dem Oberverwaltungsgerichte in Fällen, 
wo das vom Gegner eingelegte Rechtsmittel sich als unstatthaft erwies, schon 
wiederholt zur Anwendung gebracht worden; dasselbe trifft aber nicht weniger 
  
1) Das Verfahren gleicht also dem der Berufung im Strafprozeß (88 360—363 
St PO.). 
3) Jetzt 8 522 Abs. 1 8P0.
	        
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