§ 16. Schulwesen, Schule und Polizei. 201
sichgreifenden Jugendverführung vorgebeugt werde. Ganz aus diesem Geiste
heraus ist sodann zur Ausführung der Kabinettsorder gemäß der darin ent-
haltenen Weisung die Instruktion des Staatsministeriums vom 31. Dez. 1839
erlassen worden, wo im Abschnitt II vornehmlich von der sittlichen Befähigung
der Privatlehrer die Rede ist und in §17 der Schulbehörde das Recht bei-
gelegt wird, das sittliche Verhalten der Privatlehrer auch in religiöser und
politischer Beziehung zu überwachen und den Ausschluß unsittlicher und poli-
tisch verdächtiger Personen aus dem Lehrerstand herbeizuführen. Der § 14
setzt fest, wie sich Privatlehrer über ihre wissenschaftliche und sittliche Tüch-
tigkeit auszuweisen haben, und fügt hinzu: „Wollen sie in Fächern, die nicht
in den verschiedenen öffentlichen Schulen gelehrt werden, Privatunterricht
erteilen, so haben sie nur ihre sittliche Tüchtigkeit und Erziehung auf die in
§ 3 verordnete Art bei der Ortsschulbehörde darzutun.“ Auch hier wird also
von der Voraussetzung ausgegangen, daß § 8 den häuslichen Unterricht auch
insoweit treffen will, als es sich nicht um Lehrgegenstände der öffentlichen
Schulen handelt. Ist dies richtig, so kann sich der Zweck des in §8 8 festgesetzten
Befähigungsnachweises nicht darin erschöpfen, daß durch ihn eine Gleich-
wertigkeit des Privatunterrichts mit dem Schulunterricht gesichert werden soll.
Hiermit entfällt eine wesentliche Voraussetzung der Annahme, daß der
Staat den Befähigungsnachweis nur für denjenigen Privatunterricht fordert,
der den Schulunterricht ersetzen soll. Besteht aber der Zweck des Gesetzes nicht
sowohl in der Verhinderung eines unzulänglichen, hinter dem Bildungsgrade
der öffentlichen Schulen zurückbleibenden Privatunterrichts, als vielmehr in
dem Schutze der Jugend vor den Gefahren eines schädlichen Unterrichts und
der Einwirkung übelgesinnter Lehrer, so führt auch dieser Umstand zu einer
Gesetzesauslegung, die der Auffassung des II. Strafsenats entgegenläuft.
Stellt § 8 eine Maßregel zur Erhaltung des inneren und äußeren Wohles der
Jugend dar, so wäre es mit der Erfüllung dieser Aufgabe schlechthin unver-
einbar, den Privatunterricht, soweit er nicht zum Ersatze des Schulunter-
richts dient, aus dem Bereiche der staatlichen Fürsorge auszuscheiden. Noch
weniger kann der Staat, wenn er durch Fernhaltung ungeeigneter und schäd-
licher Elemente von Ausübung der Lehrtätigkeit der Jugendverführung
vorbeugen will, denjenigen Teil der jugendlichen Bevölkerung schutzlos lassen,
der unmittelbar von der Volksschule vor Vollendung der körperlichen und
geistigen Entwicklung ins tätige Leben tritt und in Ermangelung eines häus-
lichen Gegengewichts am wenigsten in der Lage sein wird, der Verführung
Widerstand zu leisten. So folgt auch aus dem Zwecke des Gesetzes,
daß zur Jugend im Sinne der preußischen Bestimmungen
über den Privatunterricht alle diejenigen Personen ge-
hören, die in einem noch schutzbedürftigen Alter Privat-
unterricht erhalten ohne Rücksicht darauf, ob sie nach dem
regelmäßigen Laufe der Dinge eine öffentliche Schule be-
suchen würden und als Ersatz hierfür sich den Privatunter-
richt erteilen lassen.“ (RGtrafs. 46 S. 316—320).
Sogar dann besteht das staatliche Aufsichtsrecht, wenn der Unter-
richt nicht gewerbsmäßig erteilt wird, es sei denn, daß er nur
gelegentlich eine Unterweisung der Kinder bezweckt, ohne deren
Ausbildung in einem Lehrfache zu bezwecken:
„Aus den einschlägigen Gesetzesbestimmungen ergibt sich nicht, daß die
Beschränkung der Befugnis zum häuslichen Privatunterricht an die Voraus-
setzung der Gewerbsmäßigkeit gebunden ist. Das allgemeine Landrecht spricht