Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

8 16. Schulwesen, Schule und Polizei. 203 
Aussichtsrecht gegenüber dem Landrecht nicht beschränken. Aus dem Satze: 
„Diese Zeugnisse sollen sich nicht auf die Tüchtigkeit zur Unterrichtserteilung 
in Beziehung auf Kenntnisse beschränken usw.“, könnte höchstens das Gegen- 
teil gefolgert werden. Wenn die Kabinettsorder die Worte: „welche ein Ge- 
werbe daraus machen, Lehrstunden in den Häusern zu geben“, aus dem Land- 
recht übernimmt, nud sich des zusammenfassenden Ausdrucks „gewerbsweise“ 
bedient, so will sie hiermit offenbar keinen von der Bestimmung des Land- 
rechts abweichenden Sinn verbinden. Das gleiche gilt von §14 der Staats- 
ministerialinstruktion vom 31. Dez. 1839. Aus welchem gesetzgeberischen Be- 
dürfnis diese Vorschriften entstanden sind, beweist der Immediatbericht vom 
15. Mai 1834, der im Beschlusse der vereinigten Strafsenate vom 7. Dez. 1912 
Erwähnung gefunden hat. Den in der Form des Privatunterrichts an die 
Jugend herantretenden Verführungen übelgesinnter Lehrer sollte durch 
Wiedereinführung der landrechtlichen Beschränkungen vorgebeugt werden. 
Mit der Verfolgung dieses Zweckes wäre es unvereinbar gewesen, den 
Unterricht, der nicht des Erwerbes wegen, sondern lediglich zur Betätigung 
der Verführungsabsichten erteilt wird, aus dem Bereiche der Staatsaussicht 
auszuscheiden. Etwa in gleicher Richtung bewegt sich der Zweck des §8 8 
ALR. II 12. Weder hier noch dort kann die Absicht des Gesetzes dahin ge- 
gangen sein, den häuslichen Unterricht ausschließlich unter der Voraussetzung 
des gewerbsmäßigen Betriebes in den Bereich seiner Regelung zu ziehen. 
Das Revisionsgericht schließt sich daher dem Urteil des preußischen Ober- 
verwaltungsgerichts im Bd. 52 S. 214 seiner Entscheidungen an, das die 
Vorschrift des 8§ 8 a. a. O. auf den nicht gewerbsmäßig erteilten Privat- 
unterricht für anwendbar erklärt hat . .“ (REtrafs. 46 S. 328—330). 
4. Zum Einschreiten gegen unbefugten Privatunterricht an Ju- 
gendliche (Schulpflichtige) sind in Preußen der Kreisschulinspektor und 
die Regierungen ermächtigt (Reg.-Instr. vom 27. November 1810, be- 
sonders § 18 der Reg.-Instr. vom 25. Oktober 1817 (§§ 11, 16) und 
V. vom 16. Dezember 1808 (§ 48). Die Regierung kann also die 
Schließung einer Privatschule anordnen und zwecks Durchsetzung 
der Anordnung gewisse Zwangsmittel („Strafbefehle“ bis 300 Mk., 
ev. 4 Wochen Haft, Verordnung vom 26. Dezember 1808 § 48 und 
Reg.-Instr. vom 23. Oktober 1817) festsetzen. Sie kann sich hierbei 
aber auch bei Ausführung des Zwanges des Landrates bedienen, 
der als Organ der Regierung verpflichtet ist, diesen Auftrag auszu- 
führen. (Vgl. 8 33 Gesetz vom 30. April 1815 und § 76 KreisO. vom 
13. Dezember 1872). Der Landrat hat aber dann nicht die Straf- 
befugnisse, die der Regierung nach der Verordnung von 1808/1817 
zustehen, da diese nicht delegiert werden können (OV. 11 S. 398 ff.), 
sondern nur die ihm selbst zueigenem Recht zustehenden Zwangs- 
befugnisse des § 13226 LVG. (Geldstrafe bis 150 Mk., 2 Wochen Haft). 
Gegen solche Anordnung des Landrates im Auftrage der Regie- 
rung wie gegen die Androhung einer Exekutivstrafe sind aber nur 
die Rechtsmittel gegeben, welche gegen die Anordnung der Schulauf- 
sichtsbehörde selbst zulässig sind (OVG. im Pr VerwBl. 19 S. 543), 
also nur die Beschwerde an den Unterrichtsminister.
	        
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