Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

208 Besonderer Teil. 
vorgeführt wird. Daher kommen hier die Voxschriften des Preßgesetzes nicht 
in Betracht.“ (O. 52 S. 289). 
Die Anordnung der Vorführung der neuen Filmstücke vor der 
Polizeibehörde verstößt auch nicht gegen die Gewerbefreiheit (8 1 
Gew.): 
„§1 der GelwO., welcher das Prinzip der Gewerbefreiheit zum Aus- 
drucke bringt, bezieht sich nur auf die persönliche Zulassung zum Ge- 
werbebetrieb und schließt in keiner Weise polizeiliche Anordnungen aus, 
welche die Regelung der Ausübung der Gewerbe, namentlich im In- 
teresse der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit, zum Gegenstande haben. 
Ebenso wie bei der Übung der Theaterzensur handelt es sich aber 
hier lediglich um eine Regelung der Ausübung des Gewerbes als Unternehmer 
kinematographischer Vorstellungen im Interesse der öffentlichen Ordnung und 
der Sittlichkeit. Die angefochtenen polizeilichen Verfügungen laufen nicht 
darauf hinaus, die gewerbsmäßige Darbietung kinematographischer Vor- 
stellungen durch den Kläger von einer besonderen polizeilichen Erlaubnis 
abhängig zu machen, was unzulässig sein würde, sondern sie beschränken die 
Ausübung seines Gewerbebetriebes dahin, daß er die von ihm zur Darstellung 
bestimmten Bilder nicht eher vorführen darf, als die Polizei ihre Unbe- 
denklichkeit geprüft und festgestellt hat. 
Steht demnach weder das Reichspreßgesetz noch die Reichsgewerbe- 
ordnung der Gültigkeit der Polizeiverordnung . entgegen, so fragt sich 
nur noch, ob die Verordnung ihre Grundlage in § 10 II17 des A# R. und 8 6 
des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 findet, wo- 
nach es das Amt der Polizei ist, die nötigen Anstalten zur Erhaltung der 
ösfentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem 
Publikum oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu 
treffen. Daß darunter insbesondere auch solche Gefahren zu verstehen sind, 
welche dem Publikum in sittlicher Beziehung drohen, ist anerkannten Rechtens 
und es bedarf auch keiner weiteren Ausführung, daß kinematographische Vor- 
stellungen, welche beispielsweise unzüchtige Szenen zum Gegenstande haben, 
derartige Gefahren mit sich bringen und daß dies in ganz besonderem Grade 
dann zutrifft, wenn die Vorführungen vor Personen jugendlichen Alters 
erfolgen. 
Wenn der Beklagte (Polizeipräsident zu Berlin) danach berechtigt ist, 
die vorzuführenden Bilder einer polizeilichen Zensur in bezug auf ihre 
Unbedenklichkeit zu unterwerfen, so folgt daraus weiter, daß er auch die zur 
Durchführung dieser Zensur notwendigen allgemeinen Anordnungen tressen 
kann. In dieser Beziehung ist aber klar, daß die Prüfung der zur Vorführung 
bestimmten Bilder nur einheitlich von einer Stelle aus erfolgen kann, schon 
damit widersprechende Verfügungen in bezug 5 ein und dasselbe Bild ver— 
mieden werden, und daß es daher ausgeschlossen ist, daß bei der großen 
Zahl der in Betracht kommenden kinematographischen Unternehmungen die 
Vorführungen an allen einzelnen Orten, an denen sie stattfinden sollen, einer 
Prüfung unterzogen werden können. Der Beklagte konnte daher anordnen, 
daß die Vorführung der einzelnen Bilder auf dem Polizeipräsidium zu er- 
folgen habe, sofern der Kläger nicht durch die Angabe der Ursprungsfirma die 
Prüfung, ob das Bild bereits genehmigt sei, ermögliche und dadurch die er- 
neute Vorführung unnötig mache . 
Wenn der Kläger endlich noch geltend macht, daß die Vorführung 
eines Kinematographen nicht unter § 33 a, sondern vielmehr unter § 33b der
	        
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