Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 17. Preßwesen und Polizei. 211 
Nach OV. (DJzZ. 1911 S. 878) sind auch Lichtbilderreklamen 
„Plakate“, denn darunter sind „Schriftstücke oder Abbildungen zu 
verstehen, die zum Zwecke der Kenntnisnahme durch das Publikum 
öffentlich angeschlagen, angeheftet oder sonst ausgestellt werden“. 
Über den Begriff der „Nachrichten für den gewerblichen 
Verkehr“ im §9 bes preuß. Preßgesetzes führt das OG. 54 
S. 24 42/43 aus: 
„Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts (Jahrb. d. Entsch. Bd. 20 C. 
32 und Bd. 31 C. S. 36, sowie Deutsche Juristen-Zeitung, Jahrg. 3 S. 62), 
von welcher abzuweichen kein Anlaß vorliegk, ist daraus, daß in der an- 
geführten Gesetzesstelle Ankündigungen über Verkäufe und andere Nach- 
richten für den gewerblichen Verkehr zusammengestellt werden, zu entnehmen, 
daß der Gesetzgeber hierbei lediglich gewerbliche Nachrichten, Reklamen, An- 
kündigungen für das große Publikum, wie z. B. Angebote von Waren, 
Mietwohnungen und dgl. im Auge hat. Daher wird der Rahmen der „Nach- 
richten für den gewerblichen Verkehr“ überschritten, wenn mit einer An- 
kündigung geschäftlicher Art völlig anders geartete politische Hinweise ver- 
bunden werden und hierdurch dem Plakate der rein geschäftliche Charakter 
genommen wird. Demgemäß hat das Kammergericht ausgesprochen, es handle 
sich nicht um eine Nachricht für den gewerblichen Verkehr, einmal bei Aus- 
stellung eines Plakats, auf welchem das Wappen des ehemaligen Königreichs 
von Hannover, getragen von Soldaten in hannoverischer Uniform, mit, der 
Unterschrift „Jung hol fest“ angebracht war, und auf welchen „echter han- 
noverscher Kümmel“ empfohlen wurde (Ktsch J. 3 S. 62), und f ruer in einem 
Falle, als in Schankwirtschaften Plakate ausgehängt worden waren, wonach 
daselbst boykottfreies Bier verzapft wurde (Jahrb. Bd. 31 C. S. 36). In dem 
letzteren Falle führte das Kammergericht aus, durch die Plakate solle auf die 
Brauereien ein Druck ausgeübt und ihnen ein Schaden angedroht werden, 
wenn sie dem Verbande der Brauereiarbeiter Widerstand entgegensetzten. Wenn 
die Plakate auch nebenbei gewerblichen Zwecken der Wirte dienten, so sei das 
nicht entscheidend.“ (Dasselbe gilt nach OVG. für das Plakat „boykottfreie 
Backware“.) (OVG. 54 S. 242/43). 
Nach letztgenannter Entscheidung liegt auch im Aushang in 
den Schaufenstern ein „öffentliches Ausstellen“ i. S. des 
§9 des preuß. Preßgesetzes (OVG. a. a. O. S. 244). 
Eine „unentgeltliche Verteilung“ liegt nach KG. (DJ3. 
1911 S. 1095) dann vor, wenn der Verteiler für die Arbeit des 
Verteilens von seinem Auftraggeber keinen Lohn erhält, dagegen 
nach einer neueren Entscheidung (DJZ. 1911 S. 1449) nur dann, 
wenn die Druckschriften unentgeltlich an des Publikum abgegeben 
werden. In letzterem Sinne auch O. 57 S. 305. 
Die Erlaubnis zum öffentlichen unentgeltlichen Verteilen von 
Bekanntmachungen, Plakaten und Aufrufen kann von der Ortspolizei- 
behörde nur aus den Gründen des § 10 II 17 ALR. versagt werden 
(OVG. 57 S. 310). 
Gegen nicht durch mechanische oder chemische Mittel hergestellte 
Vervielfältigungen, z. B. geschriebene oder gemalte Plakate 
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