8 19. Das Vereinsrecht. 219
VIII. Die Polizei kann auch die Zulassung von Kindern unter
16 Jahren zu „Lustbarkeiten“ überhaupt ohne Begleitung der Eltern,
Vormünder oder deren Stellvertreter verbieten, da sie die Jugend
von Veranstaltungen fern zu halten hat, die nach Art oder Gegenstand
in sittlicher Beziehung Anstoß zu erregen geeignet sind (8 10 II 17)
(OV. 61 S. 140).
819.
Das Vereinsretcht.)
Anmerkungen zum Reichs-Vereinsgesetz.
Zu § 1 Abs. 1.
Ausländer — Personen ohne Reichsangehörigkeit — haben
also kein Vereins= und Versammlungsrecht. Ihre rechtliche Stel-
lung richtet sich nach Landesrecht. In Preußen kann die Polizei Aus
länder nach § 10 II 17 aus Vereinen und Versammlungen aus-
schließen. Hiergegen haben die Betroffenen nur ein Beschwerderecht
nach 850 III und §127 LV., aber an sich keine Klage, da sie
nicht in ihren Rechten verletzt sind. Nur dann haben sie eine Klage
im Verwaltungsstreitverfahren, wenn die Voraussetzungen des §10
II 17 ALR. nicht vorgelegen haben.
Nimmt ein Ausländer trotz Polizeiverbots an einer Versamm-
lung von Reichsangehörigen teil, so darf die Polizei dieselbe aus
diesem Grunde nicht auflösen, weil die Auflösungsgründe in §14
des Gesetzes enumerativ geregelt sind. Die Polizei kann die Aus-
weisung des Ausländers auch nicht vom Versammlungsleiter ver-
langen, kann den Ausländer aber selbst an die Luft setzen (O.
53 S. 265 ff.).
Ein „Verein“ i. S. des Gesetzes ist jede dauernde Vereini-
gung mehrerer natürlicher Personen zur Verfolgung bestimmter ge-
meinschaftlicher Zwecke unter einer Leitung (RG. Straff. 29 S. 262).
Ob er rechtsfähig ist oder nicht, ist gleichgültig.
Eine „Versammlung“ ist ein bewußtes und gewolltes Zu-
sammensein mehrerer Personen (8 genügen: KG. Johow XI S. 303)
zur Behandlung oder Beschlußfassung über eine gemeinschaftliche An-
gelegenheit. Im Gegensatz hierzu steht die Menschenmenge, die
sich z. B. um ein gestürztes Pferd schart. Eine besondere Organisation
der Versammlung ist nicht erforderlich, sie kann absichtlich oder zu-
fällig sein, auch in einer Privatwohnung stattfinden. Schon mit der
Vereinigung an einem bestimmten Orte zu gemeinsamem Zweck und
* Das Reichsvereinsgesetz v. 19. April 1908 ist ergänzt bzw. abgeändert durch
Gesetz v. 26. Juni 1916 (Einschaltung des § 17a) und ’–*mze das Gesetz v. 19. April
1917 (nufhebung der §§ 12, 14 Nr. 1 und 6, 19 Nr. 3).