Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

8 19. Das Vereinsrecht. 227 
vereinsrechtlicher Natur sind und sich nicht gegen das Recht, Vereine zu 
bilden und Versammlungen abzuhalten, richten, nicht deshalb außer Kraft 
treten, weil die davon betroffenen Personen sich gerade in Ausübung ihres 
Vereins- oder Versammlungsrechts befinden .. ... Aus diesem Grunde findet 
das polizeiliche Einschreiten gegen das demonstrative Mitführen von roten 
Fahnen usw. in einem Aufzug in dem 81 des RVG. keine Schranke; denn es 
richtet sich nicht gegen das Recht, sich in der Form des Aufzugs zu ver— 
sammeln, sondern gegen das ordnungswidrige Auftreten des einzelnen Ver— 
sammlungsteilnehmers in der Offentlichkeit. 
Sonach bleibt nur zu prüfen, ob die polizeiliche Anordnung, daß rote 
Fahnen, revolutionäre oder nationalpolnische Abzeichen in dem Aufzuge nicht 
getragen werden dürften, in den zeitlichen und örtlichen Umständen die er— 
forderliche Begründung fand. Dies ist zu bejahen; denn die Benutzung roter 
Fahnen oder das Hervorkehren revolutionärer oder nationalpolnischer Ab— 
zeichen in einem mit massenhafter Beteiligung veranstalteten Umzug auf 
öffentlichen Straßen ist geeignet, als Demonstration zu wirken, die politischen 
oder nationalen Gegensätze zu verschärfen und dadurch, wenn auch vielleicht 
nicht die öffentliche Ruhe und Sicherheit zu gefährden, so doch mindestens 
die öffentliche Ordnung zu stören.“ 
Über die Zurücknahme einer auf Grund des § 7 erteilten Er- 
laubnis führt das O. aus: 
„ Es kann indes kein Zweifel darüber bestehen, daß die Polizei 
zur Zurücknahme einer von ihr auf Grund des 8 7 a. a. O. erteilten Ge- 
nehmigung jedenfalls dann befugt ist, wenn ihr nachträglich neue Tatsachen 
bekannt werden, welche zu einer anderen Auffassung führen können, oder 
wenn sich, was dem rechtlich gleichsteht, nachträglich herausstellt, daß die 
Polizei durch unrichtige Angaben über den Sachverhalt getäuscht worden 
ist.“ (O#. 53 S. 264). 
Gegen die Verweigerung der Genehmigung gibt das Vereins- 
gesetz keine Rechtsmittel, sie ist aber eine polizeiliche Verfügung, 
mithin gelten die gewöhnlichen Rechtsmittel (88 127, 128, 50 III 
LVG.). Der Klagende muß nachweisen, daß die angefochtene Verfü- 
gung der erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen entbehrt. 
Die Angabe der Gründe i. S. des §7 bei verweigerter Genehmi- 
gung ist nur instruktionell vorgeschrieben, so daß die unterbliebene 
Angabe die Versagung der Genehmigung nicht ungültig macht (O. 
66 S. 330). 
Die Genehmigung kann durch eine erneute Verfügung zurück- 
genommen werden, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, 
die zu einer Verweigerung der Genehmigung berechtigt hätten wie auch 
dann, wenn die Polizei auf Grund nochmaliger Erwägungen die 
Überzeugung gewinnt, daß die öffentliche Sicherheit gefährdet sein 
werde. 
Das O. 57 S. 322ff. leitet diese Ansicht — gegen Linden- 
berg, Friedenthal, Stier-Somlo und Romen — aus dem Anmte der 
Polizei in § 10 II 17 ALR. her, dessen „den Schutz der Allgemein- 
heit bezweckende Normen des öffentlichen Rechtes derart zwingender 
15“
	        
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