§ 19. Das Vereinsrecht. 231
Zu § 14. (§14 Nr. 1 und 6 sind durch Gesetz v. 14. April
1917 aufgehoben).
Die polizeiliche Auflösung einer Versammlung ist nicht nur
aus den in § 14 angegebenen Gründen zulässig, sondern auch auf
Grund der allgemeinen seicherheitspolizeilichen Bestimmungen des
Landesrechts, soweit es sich um die Verhütung unmittelbarer Gefahr
für Leben und Gesundheit der Teilnehmer handelt (81 Abs. 2) (OVG.
60 S. 324 ff.). Hierzu gehört auch ein Tumult, wenn zu befürchten
ist, daß dadurch eine allgemeine Schlägerei entstehen wird, wodurch
eine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit der Teilnehmer
an der Versammlung begründet würde (O#. a. a. O. S. 329).
Erklärt der Polizeibeamte die Versammlung lediglich für auf-
gelöst, so ist dies nicht dahin zu verstehen, daß er auf Grund des
8§ 14 des RVG. habe vorgehen und die Versammlung aus einem der
in diesem Paragraphen genannten versammlungsrechtlichen Gründe
habe auflösen wollen:
„Vielmehr hat er sich nur desjenigen Ausdruckes bedient, welcher
auch für andere Fälle, in welchen der Fortsetzung einer Versammlung
entgegengetreten wird, üblich ist und in kürzester Form die für nötig er-
achtete Anordnung zur Kenntnis und Nachachtung der Versammelten bringt
Da der Gendarm nicht auf Grund des §14 des RVG., sondern
auf Grund der allgemeinen sicherheitspolizeilichen Bestimmungen des Landes-
rechts eingeschritten ist, so finden für die Beurteilung seines Vorgehens auch
die landesgesetzlich für polizeiliche Verfügungen allgemein geltenden Grund-
sätze Anwendung. Danach ist zwar jede polizeiliche Verfügung nach der
rechtlichen und tatsächlichen Seite soweit zubegründen, daß der Betroffene
ihre Grundlagen durch das zulässige Rechtsmittel angreifen kann; ein Mangel
in dieser Beziehung rechtfertigt aber allein nicht die Aufhebung der Ver-
fügung, kann vielmehr durch nachträgliche Angabe der Gründe, selbst im
Verfahren vor den Beschwerdebehörden oder den Verwaltungsgerichten, ge-
heilt werden (O6. 60 S. 330).
Zu § 15.
Die Rechtsmittel (LVG. 88 127/128, 50 III) sind gegen die Ver-
fügung der betreffenden Polizeibehörde zu richten, deren Beauftragter
der verfügende Beamte ist. Mißbilligt aber die betreffende Behörde
die Auflösung, so ist die Sache erledigt und es gibt kein Rechts-
mittel!
Anfechtungsberechtigt ist jeder, welcher an der aufgelösten Ver-
sammlung teilgenommen hat, nicht nur der Veranstalter oder Leiter.
(O#. 56 S. 322).
Zweck einer Beschwerde oder Klage ist, ein künftiges Einschreiten
der Polizei aus dem gemißbilligten Grunde zu verhüten und ev.
gegen die Behörde Regreß zu nehmen (86 preuß. Gesetz von 1842,
§ 839 BEB. und preuß. Gesetz von 1909).